Paul Seilers ZARAH LEANDER Archiv

roter Pfeil A R C H I V 1937 - 1

Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus dem Jahre 1937




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TREVLIGT SÄLLSKAP Stockholm Nr.9/1937:  
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Hot, Hambo und Lied
Zarah Leanders neue Lieder sind auf einer Odeon-Schallplatte erschienen und heißen „Merci, mon ami . . .“ und „Ich hab‘ vielleicht noch nie geliebt“. Beide stammen aus dem Film „Premiere“ - und Zarah ist fast besser als jemals. Verführerisch, bestechend, tief und ausdrucksvoll gibt ihre Stimme den weichen Tonfolgen Leben und Farbe, und die an sich ziemlich einfachen deutschen Texte werden durch ihre Darstellung sinnvoll und persönlich. „Merci, mon ami“ hat eine kleine Spur Spöttelei, deren Herkunft man mitten in der Rührseligkeit schwer erklären kann, während sich, ebenso leicht hervorgehoben wie ein ungreifbarer Unterton, weiblicher Liebreiz in dem Lied „Ich hab‘ vielleicht noch nie geliebt“ erahnen lässt. Man könnte sicher ohne kleinstes Risiko verbreiten, dass die beiden Melodien während des Frühjahrs die wahren „Ohrwürmer“ sein werden. Die Schallplatten werden wie warme Semmeln weggehen.
 
DER SILBERSPIEGEL BERLIN JANUAR 1937:
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Zarah wird Landwirtin in Värmland  
Schon als kleines Mädchen in Karlstad suchte sich Zarah den Hof aus, den sie nun kaufen und gemeinsam mit ihrem
Mann bewirtschaften will. Um welchen Hof es sich handelt, darüber möchte Zarah nicht sprechen, aber es ist ein alter, schöner Hof.
Zarah wird beinahe Gutsbesitzerin, was sie jedoch absolut nicht hören will.
     "Ich werde Landwirtin sein. Das war mein Traum von allem Anfang an, und nun schaut es tatsächlich so aus,
als ob er sich verwirklichen ließe", erzählt sie dem Filmjournal bescheiden. "Mein Mann und ich haben uns einen
Fünfjahresplan zurechtgelegt, und ich hoffe, dass ich als Krönung meiner Karriere damit beginnen kann, als Landwirtin 
auf meinem eigenen Hof und Grund zu arbeiten. Ich habe nicht den Ehrgeiz, Geld zu sammeln und anzuhäufen. Ich will einen Hof,
auf dem ich annehmbar leben kann, dann bin ich mehr als zufrieden und glücklich."
     Nach dem nun aufgestellten Fünfjahresplan könnte sich Zarah Leander also schon in fünf Jahren vom Film und von
der Bühne zurückziehen. Man will sie nicht wirklich beim Wort nehmen, während sie das sagt, und sie selbst glaube es
vielleicht auch nicht so recht, aber im Plan ist es jedenfalls vorgesehen. Und dass sie Landwirtin sein möchte, ja, da ist so
sicher wie das Amen in der Kirche. Zarah wird direkt lyrisch, wenn sie vom Reiz des Landlebens spricht, vom Getreide, den
Schweinen, den Schafen und Ziegen, um die sie sich kümmern wird. Berlin und die große UFA, die Triumphe in Wien
und die bevorstehenden wichtigen Filme sind plötzlich ganz belanglos, der Hof in Värmland entwickelt sich zum Hauptthema
des Gesprächs.
     Ja, das ist wirklich eine sensationelle Neuigkeit, die Zarah Leander ausgerechnet zu Silvester dem Filmjournal anvertraut,
als der Mitarbeiter sie in ihrer Stockholmer Wohnung in der John-Erisson-Straße 5 besucht. Diese Wohnung muss Zarah
nun auflösen. Die Möbel werden in ein Magazin gestellt, denn die Villa, die Zarah am Rand von Berlin gemietet hat, wurde
möbliert vermietet. Die Villa liegt in einem sehr exklusiven Villenviertel von Dahlem, außerhalb der Weltstadt. Ist Neu-Babelsberg -
Berlins Hollywood, so könnte man Dahlem als Berlins Beverly Hills bezeichnen, denn sehr viele der gefeiertsten deutschen
Filmstars haben hier ihre Villen. Zarah, die vielleicht jetzt nach deutscher Art "die Leander" genant werden sollte – denn für die
Deutschen ist ja Zarah schon so groß und berühmt, dass sie erreicht hat, "die Leander" zu sein – erzählt auch, dass die Villa
von Willy Fritsch nur einen Steinwurf weit von ihrer entfernt liegt. Das ist fast ihr nächster Nachbar.
     "Es ist in der Tat ein ganz furchtbares Haus, das ich gemietet habe, manches ist nur vorgetäuscht", erzählt Zarah Leander.
 "Es gehört einer sehr reichen deutschen Dame, die sich eine Zeitlang an der Riviera niederlassen will und dies mir genau in
dem Zustand übergeben hat, in dem es sich befindet. Unter anderem hat die Villa einen großen Wintergarten, in dem Kolibris
umherflattern und munter singen. Im Garten gibt es einen großen Swimmingpool wie im feinsten Bungalow von Hollywood.
Es ist schön, im Sommer einen Pool zu haben, wenn die Wärme einsetzt. Sommerhitze in Berlin kann ja ganz schrecklich sein 
 Im Winter ist der Swimmingpool übrigens auch gut. Da können die jungen Leute Schlittschuh laufen."
     Zarah Leander nimmt ihre beiden Kinder mit nach Berlin. Im ersten Jahr haben sie eine Gouvernante, dann werden sie eine 
deutsche Schule besuchen. Die Villa hat Frau Leander nur für ein Jahr gemietet. Ihr Vertrag mit der UFA ist ja auch nur für
ein Jahr abgeschlossen.
     "Wenn wir miteinander gut auskommen, wird er verlängert", sagt Zarah, die auch erzählt, dass ihr erster Film nicht so sein  
wird wie es die deutschen Herren der UFA bei ihrem Besuch hier im Herbst andeuteten. Es wird ganz anders sein: Ein Film,
der in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Paris spielt. Die Heldin heißt Anna Malvois, eine zutiefst tragische Rolle für
Zarah.
     "Ich habe mir eine knappe Zusammenfassung des Films kurz durchgelesen", sagt Zarah Leander, "das ist eine ganz
wunderbare Rolle. Ich glaube auch, dass es ein wunderbarer Film wird."
     Zarah redet von der überraschenden Neuigkeit, dass der Film auch in französischer und englischer Version gedreht werden
soll. In beiden Fassungen spielt sie die weibliche Hauptrolle. Zarah wird also Star in drei Sprachen sein. Sie nimmt hier in
Stockholm Stunden, aber nicht in Deutsch, Englisch oder Französisch, sondern in Italienisch. Hat das wohl etwas zu bedeuten?
     "Oh nein, mit Deutsch, Englisch und Französisch komme ich schon zurecht, aber Italienisch muss ich erst lernen.
Das kann immer nützlich sein." Mehr ist über den Grund für die Italienischstunden nicht zu erfahren.
Film Nummer zwei bei der UFA wird eventuell eine Neuverfilmung von "Erotikon" sein, Stillers unvergesslichem
Stummfilmmeisterwerk. Auf jeden Fall ist über die Sache ernsthaft gesprochen worden.
     "Am erfreulichsten wäre es vielleicht für mich, würde man mir eine tragische Rolle anbieten", fährt Zarah fort. "Immer
war es mein Traum, in einer Tragödie spielen zu dürfen, aber man wollte es mich nie probieren lassen. Ich finde es recht
ehrenvoll, dass man in Berlin nicht gleich versucht aus dem Erfolg, den ich in Wien im leichteren Genre hatte, Kapital zu
schlagen, indem man mich im Film vor eine ähnliche Aufgabe stellt. Es ist besser, darüber nicht zu sprechen.
Nein, zuerst will ich mich auf jeden Fall mit schweren, ernsten Rollen beschäftigen. Dann werden wir 'diskutieren', wie die
UFA so höflich betont, über eine Operette – oder eine Komödienrolle."
     Die in Schweden aufgetauchten Gerüchte darüber, dass es Goebbels – der hohe Schirmherr der deutschen
Reichsfilmkammer – gewesen sei, der in höchsteigener Person die UFA inspiriert habe, sie zu engagieren, hält
Zarah nicht für unwahrscheinlich. Ein Vertreter aus der Reichfilmkammer flog nach Wien (in bester Übereinstimmung mit
Dr. Goebbels), um zuerst mit ihr über ein Engagement zu reden. Er meinte, die UFA wäre genau die richtige deutsche
Gesellschaft, für die Zarah Leander arbeiten sollte. Er kehrte nach Berlin zurück, und danach wurden die Verhandlungen,
 
wie zu erwarten war, vom höchsten Chef der UFA, Direktor Corell, weitergeführt.
     Zu gleicher Zeit, als die UFA mit Zarah verhandelte, versuchten ein paar Vertreter einer amerikanischen Gesellschaft,
unter ihnen auch der bekannte Impresario "Bob" Ritchie (der einige Jahre mit Jeanette MacDonald verlobt war), sie zu
überreden, nach Hollywood zu gehen. Warum nahm Zarah das Angebot der UFA an, lehnte jedoch Hollywood ab?
     Sie antwortete: Was in aller Welt sollte ich in Hollywood tun, wenn es mir in Europa besser geht? Ich weiß, dass ich mich
in Amerika gar nicht wohlfühlen würde. Warum sollte ich also dort in eine ungewisse Zukunft gehen, wenn ich glaube und fühle,
dass ich hier wirklich etwas leisten könnte? Hollywood hat so viele von meiner Art – Berlin hat niemanden. Es ist sicher besser,
die Erste in Berlin zu sein als eine von zehn, nein, von hundert in Hollywood.
Die Gage? Erstens bin ich gar nicht überzeug davon, dass ich dort wirklich besser bezahlt würde als hier. Und wenn ich es
so bedenke … Ich sage wie Hans Albers: Ich kann doch keine Goldkoteletts essen. Die Gage, die mir die UFA bezahlt, reicht
sehr gut für mich, davon können Sie überzeugt sein."
     Der Vertrag sei sehr vorteilhaft, nicht nur vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus gesehen, erzählt Zarah weiter. Zwischen
den Filmen kann sie Theater spielen, wo und wann und "wie" sie will. Da ist es übrigens gar nicht ausgeschlossen, ein
Theatergastspiel auf einer Stockhomer Bühne zu erleben. Dass der Film, den Zarah in Wien dreht, vor ihrem nächsten fertig
#sein würde, wussten wir im Voraus. Man beeilte sich und nahm zuerst alle Szenen mit Zarah auf, die restlichen dreht man
gerade jetzt. Zarah fand, dass die Dreharbeiten trotz der Eile bezaubernd waren. Mit Wärme spricht sie auch über den
"größten kleinen Künstler", mit dem sie jemals spielte: Max Hansen.
     Zum Schluss zeigt sie uns einen anonymen Brief, den sie gerade bekommen hat, in dem ein empörter Schwede wissen will,
warum sie wie Greta Garbo und andere ihr Land verlassen und im Ausland filmen will: "Warum bleiben und arbeiten Sie nicht
in dem Land, wo Sie geboren sind, dem Land, das das Ihrige ist? fragt der Briefschreiber.
     "Wenn ich wüsste, wer den Brief geschrieben hat", sagt Zarah ohne Bitterkeit, "würde ich ihm oder ihr antworten:
"Es beruht ganz einfach darauf, dass ich hier niemals irgendeine Chance hätte. So einfach ist das."
     Es entsteht eine kleine Pause. Und da sagt Zarah nachdenklich: "Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich sicher hier
bleiben. Denn ich bin mir treu, die treueste Schwedin, die es gibt."
 
 
Text zu den Bildern
 
Seite 18:
Der Text links oben (in etwas größerem Druck) bezieht sich auf den Inhalt des Artikels: "Ich hätte niemals
irgendeine Chance in Schweden." Warum sich Zarah für die UFA und gegen Hollywood entscheidet.
Wird Nachbar von Willy Fritsch und Weltstar in drei Sprachen.
 
Zum großen Bild oben rechts:
Ein schönes Rollenbild aus dem Wiener Film.
 
Zum kleinen Bild links Mitte:
Zu Hause auf Urlaub.
 
Zum Bild rechts unten:
Zarahs Spiegelbild blickt zu Karl Martell auf.
 
Seite 19:
Zum Bild rechts oben:
Zarah singt ein Lied.
 
Zum Bild rechts Mitte:
Zarah guckt mit den Kindern ihr schönes Album mit Bildern aus Wien an.
 
Zum Bild links unten:
Zarah wird nun die Chance bekommen, tragisch zu sein – und freut sich darüber

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