A R C H I V 1937 - 10
Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus dem Jahre 1937

Übersetzung des obigen Artikels
Das Filmjournal Schweden Nr. 38/1937:
Starbegegnung in Venedig
Venedig, im August
Filmolympiade im Zeichen des Gesellschaftslebens. Teuerster Kaffee und charmanteste Tanzlokale der Welt. Aber die Filme sind die Hauptsache – auch in Venedig.
Die fünfte Filmolympiade in Venedig verläuft überaus glanzvoll. Große Filmstars aus allen Weltgegenden ehren die Veranstaltung mit ihrer Anwesenheit und locken das Publikum und die Filmfachleute zu den olympischen Filmvorführungen.
Der neue riesige Filmpalast am Lido, dieser Tage von Kulturminister Alfieri eingeweiht, steht wohl gerüstet da, um jeden Abend ungefähr 1500 Personen aufzunehmen und 3000 bis 3500 fasst außerdem der prächtige Park des Hotels Excelsior, wo die Filme zur gleichen Zeit vorgeführt werden, um allen Gelegenheit zu geben sie zu sehen.
Conrad Veith und Brigitte Helm genießen bereits seit 14 Tagen am kilometerlangen Strand des Lido Wasser und Sonne, das Herzogspaar von Windsor ist schon in eine ruhigere Gegend weitergereist, ebenso der neuvermählte Sohn des amerikanischen Präsidenten Roosevelt, der die Hochzeitsreise durch Italien macht. Aber andere Berühmtheiten haben sie abgelöst, unter anderen Marlene Dietrich und Ernst Lubitsch, die sich von Hollywood gründlich erholen und auch die robuste Joan Crawford, die im geblümten Strandanzug hervorragend ausschaut, breitschultrig, farbenfreudig und malerisch wie sie ist.
Keinem von den hunderten Journalisten und Kamerajägern ist es gelungen, diese verlockende Beute einzufangen. Die Stars bestehen darauf, dass das ihr Urlaub ist, ihre absolute Freizeit, wo sie vollkommen befreit von der Verpflichtung sind, vor den Kameras zu posieren und dumme Interviewfragen zu beantworten. Am größten ist jedoch das Interesse an Greta Garbo. Würde es sie reizen, nach Venedig zu kommen oder nicht? Vor kurzem tauchte das Gerücht auf, sie sei zusammen mit einigen reichen Amerikanern in der berühmten Harrys Bar gesehen worden – aber keiner schenkte der phantastischen Meldung Glauben. Mancher Schwede hat anstrengende Tage mit der Beantwortung aller neugierigen Fragen über unsere weltberühmte Landsmännin.
Das Interesse an Schweden als Filmland ist ganz groß. Es herrscht allgemeine Enttäuschung darüber, dass wir in diesem Jahr nicht teilnehmen. Einen kleinen Trost gibt es jedoch, dass Zarah Leanders UFA-Film „Zu neuen Ufern“ auch mit dabei ist.
Zarahs österreichische Film „Premiere“, in Italien „Serrata tragica“ genannt, wurde dank der eindrucksvollen Schwedin ein großer Erfolg, auch wenn man gegen den Film an sich Einwände erhoben hatte. Frankreich ist diesmal für einige Erfolgsfilme verantwortlich. Duviviers „Le Carnet du Bal“ mit Jean Gabin erhielt den großen Mussolinipokal als bester ausländischer Film. (Im Vorjahr ging dieser Preis an den Louis-Trenker-Film „Der Kaiser von Kalifornien“). Ein anderer neuer Jean-Gabin-Film „Le Messager“ („Der Bote“), zog großes Interesse auf sich. Ein weiterer preisgekrönter französischer Film ist „Die große Illusion“, eine Kriegsgefangenengeschichte aus dem Weltkrieg mit Erich von Stroheim in einer der Hauptrollen und der auffallenden Edwige Feuillere. Ein Film, über den man sprach, war „Helen Willfüer“ mit Madeleine Renaud und Jean Louis Barrault in den Hauptrollen, ein origineller und künstlerischer Film, inszeniert von Jean Benoit-Levy, dem Regisseur von „La Maternelle“. Deutschland gewann einige Pokale. Emil Jannings wurde für die beste männliche Schauspielerleistung belohnt, durch seine Rolle in „Der Herrscher“, die von Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenuntergang“ inspiriert ist.
Deutschland hat auch mit seinen Kurz-und Dokumentarfilmen Aufsehen erregt und Preise erhalten, unter anderem für den interessanten Film mit lebenden Röntgenbildern, wo man ein Skelett sehen kann, das bei sich zu Hause herumspaziert, Zigaretten rauchend, die Haare kämmend, sich pudernd und so weiter.
Amerika gewann durch Bette Davies den Pokal für die beste weibliche Schauspielerleistung. Sie erhielt ihn durch ihr Spiel in „Der Mann, der sein Leben verkaufte“ mit Leslie Howard. Der bei uns zensierte und verbotene Film „Winterset“ wurde wegen seiner Fotos ausgezeichnet und Walt Disney erhielt den Preis für den besten Trickfilm.
Ferner zeigte Amerika eine Menge Filme, die man schon seit den Drehtagen vorgeführt hatte, von „Darf ich bitten?“ bis zum Boxkampffilm „Kid Galahad“ mit Edward Robinson, den Gangsterkostümfilm „His affair“ mit Robert Taylor und Barbara Stanwick und den Farbfilm „A Star is born“. Italien hat sowohl sich selbst als auch andere Länder mit dem kolossalen historischen Film „Scipione l`Africano“ übertroffen, der auch Mussolinis großen Pokal für den besten italienischen Film erhielt. Mussolini hatte mit diesem Film seine Hoffnung auf eine Renaissance des italienischen Films gesetzt - und er hatte nicht vergebens gehofft. Da sind nicht nur die gigantischen Massenszenen mit etwa hunderttausend Statisten, die in wahnsinnigem Tempo dargestellten Schlachtenszenen, das genau wiedergegebene historische Umfeld, die künstlerischen Bilder und vieles andere, das verblüfft. Es ist überhaupt die virtuose Geschicklichkeit, mit der die Italiener eine so gewaltige Aufgabe in Angriff nehmen - und sie ist ihnen geglückt. Es hieß, Mussolini hätte eine pessimistische Einstellung zu diesem Film und besonders zu den neuen italienischen Filmen. Das muss ein unbegründeter Verdacht sein. Alles deutet vielmehr darauf hin, dass Il Duce (der Führer) die neuen einheimischen Produktionen unterstützt.
Gerade jetzt bereitet man in Italien einen großen Film über Marconi und sein Leben vor. Das soll eine interessante Geschichte werden - genau so interessant wie unser Film über John Ericson, dessen Projekt in der italienischen Presse mit großem Interesse besprochen wird.
Der äußere Rahmen um die Filmolympiade steht wie immer im Zeichen des mondänen Gesellschaftslebens. Auf den Terrassen des Hotels Excelsior wird im Frack und in großer Toilette bis in die frühen Morgenstunden getanzt. Eine Tasse Kaffee oder ein kleiner Whisky mit Soda kostet nach wie vor einen Zehner - fünfzehn Kronen - andere Extravaganzen verschweigt man besser.
„Die Schönste von allen reichen Frauen der Welt“, Barbara Hutton und ihr dänischer Mann spielen gerade jetzt Gastgeber in den Gesellschaftskreisen. Dagegen kostet eine Eintrittskarte für das olympische Parkett nicht mehr als ein paar Kronen. Und bei einer Filmolympiade sind doch die Filme die Hauptsache - auch wenn sie in Venedig laufen! Remo.
Texte zu den Bildern
Erste Seite oben links: Zarah Leander repräsentiert Schweden in Venedig, aber in einem österreichischen und einem deutschen Film.
Mitte rechts kleines Bild: Während ihres letzten Europaaufenthalt besuchte Marlene Dietrich unter anderem Salzburg und Venedig.
Bild rechts unten: Joan Crawford, eine Berühmtheit, die an der Venedig-Olympiade teilnimmt.
Cinema Bukarest am 26.Februar 1938:


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