A R C H I V 1946-52 - 5
Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus dem Jahre 1946

März 1948: Ein Spaziergang durch Rom

Zarah spaziert über die ViaBorgognona(Roma, 1948)mitihrem Manager.

Unteres Bild: von links nach rechts: Doriana Danton, Zarah Leander und Lilia Silvi
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Doriana Danton: Zarah Leander Ankünfte und Abreisen
„Die Götter entschwinden“; und zumindest für die Römer ist der Stern Zarah Leander schon erloschen.
Zarah Leander, der Star der UFA, die unvergessene Hauptdarstellerin in „La Habanera“, „Es war eine rauschende Ballnacht“, „Heimat“, „Damals“ und in so vielen anderen Filmen, kam nach einer Tournee durch Holland, Belgien, Frankreich und die Schweiz in Rom an, angekündigt vom Plakat ihres berühmten Gesichts, das von allen Mauern zwischen den Resten der Wahlpropaganda lächelte.
Sie trat in einem Kino-Varietee im Zentrum auf, nach einem Film mit Joan Fontaine, zwei pathetischen Akrobaten in grauen Hosen, einem traurigen Paar Tänzerinnen und einem Varieteekünstler, noch trauriger. Und während man die Vorstellung verfolgte, wurde man von dem Gedanken gequält, dass die Diva mit der schönen und interessanten Stimme nur eine Nummer in jenem mittelmäßigen Ensemble sein würde.
Man hörte im Publikum reden: „Schade, schade!“ Und es waren Leute, die sich am Abend zuvor „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ angehört und zum x-ten Mal die alte geliebte Platte aufgelegt hatten; es waren Leute, die ihre Filme erwähnten, die sich vielleicht erinnerten, sie geliebt zu haben, die ihr geschrieben hatten, um eine Fotografie von ihr zu erbitten.
Dann erschien Zarah Leander, und sie war immer noch die „Diva“. Sie verstand es, Aufmerksamkeit zu wecken, dann Ergriffenheit, dann Begeisterung. Die Zuschauer vergaßen ein wenig, in einem Lokal zu sein, wo man vielleicht über Luisa Poselli die Nase gerümpft hätte.
Sie erschien, die Haare flammend, im eng anliegenden weißen Kleid und regungslos: Sie war wie eine Statue und doch vibrierend aus einer solchen Kraft und starken Sinnlichkeit, an die wir uns erinnerten. Auf das Klavier kamen die Noten aus „Habanera“.
„Der Wind . . .“ nein, nicht mehr; die deutschen Wörter, so groß wie die Noten, hatten den Platz den französischen überlassen : „Le vent, m´a dit une chanson, d´amour et de passion . . .“. („Der Wind hat mir ein Lied erzählt von Liebe und von Leidenschaft . . .“). Vor dem Einsetzen des Applauses verharrte das Publikum einen Augenblick in völliger Stille. Es war ein Publikum, das seinen Erinnerungen nachhing, ein seltsames Publikum, das „Danke!“ rief.
Lilia Silvi und ihr Gatte, der bekannte ehemalige Fussballer Luigi Scarabello, haben etwas gemeinsam mit dem Leander-Impresario. So war gestern die schwedische Schauspielerin bei ihnen und ich war auch dort, um vor allem dem Impresario vorzuhalten, dass er die Schuld am „Sturz“ seines Stars trage. Ich bin sicher, hätte man Zarah Leander in ihren Konzerten im Eliseo vorgestellt und statt der drei Lieder wären zehn gesungen worden, heute noch würde ihr Ruhm strahlen, denn ihre Stimme und ihr gesangliches Können sind unverändert und verdienen die gleiche Umrahmung und den gleichen Erfolg wie vor dem Krieg. Der Impresario und die Schauspielerin entschuldigten sich mit der Behauptung, das Lokal nicht gekannt und vor allem nicht gewusst zu haben, wie wir die Aufführungen des Varietees einschätzen würden: Um die Wahrheit zu sagen, ich glaube nicht, dass die Entschuldigung ausreichend war.
Zarah ist sehr groß, stark in den Hüften, sie hat ein vollkommenes Dekollete. Die Haare, die ich für kastanienbraun hielt, sind jedoch von einem dunklen natürlichen Rot, ihre Augen sind sehr groß, von einem seltsamen Grün, funkelnd, lebhaft: Sie sehen wie Augen aus Emailfarbe aus; und Zarah versteckt sie jedes Mal, wenn ein Fotograf in Sicht ist, hinter einer großen dunklen Brille und ist nicht zu überreden sie abzunehmen; sie sagt, sie habe kein Vertrauen zu Momentaufnahmen.
Sie hat Programme, eine Reihe von Konzerten und wieder den Film, allenfalls auch in Italien und wahrscheinlich in Hollywood. Rom kannte sie, es gefällt ihr sehr und sie ist mit der Aufnahme beim Publikum zufrieden, weniger mit jener bei der Presse: „Man hat nur unnütze Sätze geschrieben. Niemand hat über meine Stimme gesprochen, die einzige Sache, die zu prüfen wert wäre, im Guten oder im Bösen. Sie haben stattdessen über meine Haare geredet, den Lippenstift, die Vergangenheit, die Zukunft, mein Gewicht, meine Kleider: Darüber haben sie mit einer unnötigen und sogar lächerlichen Bosheit geschrieben. Irgendjemand hat auf mein ´unvorteilhaftes Kleid` angespielt, irgendeiner hat gesagt: ´Sie trug Armbänder aus Strass`. Aus Strass, ich!“ Und Zarah lacht, sichtlich amüsiert. Sie und Strass! Sie, eine der reichsten Frauen Schwedens, die in einer Villa wie aus einem Film in der Nähe Stockholms wohnt, bedient von einem Heer von Hausangestellten. Sie, die in einem Hudson, letztes Modell, in Italien ankam, begleitet von einer Sekretärin, einem Dienstmädchen, einem Chauffeur und die im Grandhotel fünf Zimmer belegte. Sie, die nur Kleider von Robert Piguet und Jacques Fath trägt und eine beeindruckende Juwelensammlung besitzt. „Strass, ich!“
Sie ist eine temperamentvolle Frau, sympathisch, lacht gern, offen und ungezwungen. In Silvanas Garten suchte sie sich ihre wunderschönen Rosen aus. Sie liebt Blumen und würde nur ihretwegen in Italien bleiben, wenn unser Land nicht weitere Qualitäten hätte. Bei der Verabschiedung vergaß sie ihren Strauß, und fünf Minuten später kehrt sie atemlos zurück, merklich spät dran für die Vorstellung. „Aber ich konnte doch auf die Rosen nicht verzichten“, sagt sie.




Zarah Leander mit Lilia Silvi und Doriana Danton



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