A R C H I V 1930-36 - 9
Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus den Jahren 1930-36
Zarah Leanders große Erfolgsmelodie:
Das ganze Leben ist eine heitere Operette
ZARAH LEANDER ERZÄHLT
ÜBER IHRE NEUE EHE
AUSSERDEM ERFAHREN WIR NOCH:
sie ist eigentlich häuslich,
hält nichts von "Vampliedern",
will gern weibliche Reichstagsmänner haben
Übersetzung des obigen Textes:
Es war einmal ein junger Journalist, der unsere schwedische Revuekönigin, Zarah Leander, interviewen sollte. Er hieß Vidar Forsell und war der Sohn des Opernchefs und Meistersängers John Forsell. Es wurde ein Interview, bei dem auch Gott Amor ein Wörtchen mitzureden hatte, und Ende September wurden der Leutnant und Journalist Vidar Forsell und Zarah Leander geb. Hedberg in größter Stille standesamtlich getraut.
An drei Sonntagen gab es ein Fest in Frau Leanders Heim, zu dem die Hochzeitsgäste in Scharen mit ihren Geschenken kamen, und am vierten Sonntag versammelten sich die Freunde der künftigen Braut bei einem einfachen Kaffeekränzchen, wo das junge Paar zu sich selbst fand. Hier nutzte Husmoderns Mitarbeiter, der unter den Eingeladenen war, die Gelegenheit, um einige Fragen an unseren Theaterstar zu stellen.
„Können Theater und Ehe glücklich miteinander kombiniert werden?“, fragen wir.
„Wenn man den ganzen Tag probt und am Abend seine letzten Kräfte vor dem Publikum braucht, da ist es schön zu wissen, dass man ein Heim hat. Ich habe das Ausgehen immer verabscheut --- mein Heim ist meine Burg --- und ich bin das glücklichste Geschöpf der Welt, wenn ich in meine Wohnung am Karlaweg heimkomme. Dort habe ich meine liebe Mama, die sich um mich kümmert, meine Brüder und dann meine zwei kleinen Kinder. Es ist himmlisch, wenn man frei vom Theaterstaub, den düsteren Kulissen und dem kleinen Schminkraum von warmen Händen umarmt wird. Die Kälte verschwindet, die gute Laune kommt zurück und man kann in sein Bett kriechen, bevor man völlig am Ende seiner Kräfte ist. Wenn man am nächsten Tag aufsteht, ist man ausgeruht und kann mit den Wiederholungen der Texte beginnen, frei von Katerstimmung, die das schlimmste ist, das ich kenne. So sind Theater und Ehe eine glückliche Kombination.“
Während sich die Gäste in ihrer geschmackvollen Wohnung verteilen, nimmt Frau Leander an ihrem großen Flügel Platz, auf dem zwei Fotografien von Gösta Ekman und Karl Gerhard mit schönen Widmungen stehen. Sie beginnt, sachte in die Tasten zu greifen. Schon als fünfjähriges Mädchen debütierte Zarah in einem eigenen Konzert in Karlstad und sie wurde stets als pianistisches Wunderkind angesehen. Nun zaubert sie aus einer von Chopins sentimentalen Sonaten, denn sie liebt es, in der Welt der Töne zu träumen. Zarah spielt dann ein paar der kleinen reizenden Kinderlieder, die sie komponierte, die die Schule in ein Märchenbuch aufnehmen will, das sie schon lang vorhatte zu schreiben. Man dachte, es würde bis Weihnachten fertig sein, aber sie hat offenbar viel zu tun. Statt zu debütieren, wird sie nächstes Jahr Märchenbuchverfasserin.
Manche von Zarah Leanders Bewunderern und auch die, die sich nicht entscheiden können, ihre Kunst anzuerkennen, haben sich gefragt, weshalb sie vorzugsweise Vamplieder singt und ob die irgendein Ausdruck für den Zeitgeschmack sind. Wir stellen die Frage direkt an Frau Leander.
„Nein, diese Lieder haben mit dem Zeitgeschmack nichts zu tun. Bei Weitem nicht. Das Unglück war, dass ich mit einem solchen Lied einen gewaltigen Erfolg hatte und seitdem sind meine Komponisten und Dichter dabei geblieben, mir derartige Chansons zu schreiben. Und was soll ich machen --- nur gehorchen. Aber wenn jemand glaubt, ich sei eine oberflächliche Frau, weil ich diese leichten Lieder singe, täuscht man sich gewaltig. Ich hoffe sehr, dass diese Vamplieder sich selbst überlebt haben.“
Die Braut: Zarah Leander vermählt sich mit Vidar Forsell,
dem Sohn des Opernchefs.
Die Leander heiratete am 23. September 1932 in zweiter Ehe den schwedischen Journalisten Vidar Forsell (22.März 1904 - 2. April 1971),
der ihre beiden Kinder adoptierte, die daher den Namen Leander nicht tragen. Die Ehe wurde 1948 geschieden.
Zarah Leander hat sich mit Redakteur Vidar Forsell verheiratet; rechts ein romantisches Bild des stattlichen
Brautpaars vor der Engelbrektskirche; links das Brautpaar im Berliner Zug nach dem Hochzeitsessen
beim Schwiegervater, dem Opernchef.
Hochzeitsreise im September 1932 nach Berlin und Potsdam

Vecko–Journalen Schweden Nr. 52/1932:
Zarah Leander will Lysistrata spielen
Ein Weihnachtsbesuch daheim beim neu vermählten Paar Leander-Forsell
„Oberleutnant und Frau Forsell“ steht auf einem Briefumschlag (offensichtlich eine Einladungskarte ), der in der Diele der eleganten Achtzimmerwohnung am Karlaweg liegt, wo man gewöhnlich Zarah Leander antreffen kann.
Frau Forsell - ja, Madame ist jungvermählt, die Hochzeit beim Opernchef war bereits im September, aber eigentlich erst in diesen Tagen richtete sich Frau Zarah allen Ernstes zu Hause in der Eigenschaft als Frau Forsell ein.
Die Revuetournee war im Lauf des Herbstes durch ganz Schweden gegangen. Die zahlreich erschienenen Zuhörer begrüßten sie und Karl Gerhard bei ihrer Rückkehr nach Stockholm im Dezember sehr herzlich, und nun hat sie einige Wochen Urlaub, bevor sie der Weg wieder nach Göteborg führt – zur Neujahrsrevue.
„Aber ist die Zeit nicht bald reif für ein dramatisches Debüt?“ Es ist nun ein halbes Jahr her,
da sprach Gösta Ekman mit größtem Interesse über den Vorschlag, Zarah Leander die Kameliendame spielen zu lassen.
„Das wäre wohl überaus interessant“, sagt Frau Zarah, in Gedanken versunken. „Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich vor kurzem die Lysistrata des Aristophanes gelesen habe –was für eine Rolle! Es ist mein Traum, sie eines Tages zu spielen. So wie es ist, findet man wohl, dass die Revue auf die Dauer etwas eintönig wird. Auch wenn es (im Theater) niemals so großartig und lang andauernd ist, werde ich die Sache gut machen. Ich sehne mich in meinem tiefen Inneren aber nach einer dramatischen Rolle, in der man alles geben kann.“
„Bleibt es nun auf alle Fälle bei Göteborg?“
„Ja, die Neujahrsrevue mit Karl Gerhard, das wird sicher festlich. Sie haben wohl meine Garbo – Parodie gesehen. Die werde ich mitnehmen, Ein bezauberndes neues Couplet, das Karl Gerhard für mich geschrieben hat, heißt: <Noch lebt die Liebe>. Und so lege ich besonderen Wert darauf, wundervolle Kleider bei Herrn Jakobson nähen zu lassen. Nein, mir fehlt die Freude auf die Revue nicht. Wir werden es in Göteborg sehr gemütlich haben. Es ist nur schade, dass ich die Kinder für 2 Monate oder mehr verlassen muss.“
„Über Weihnachten bleibt die viel beschäftigte Mutter der Familie erhalten?“
„Ja, ich fahre nur am dritten Feiertag weg. Eigentlich würden wir am liebsten diesen ganzen Wirbel um Weihnachten weglassen, aber was würden die Kinder sagen? Und da ich in dieser Saison nur ein paar Wochen zu Hause bin, musste ich mit den Vorbereitungen für die Weihnachtsfeier schon am Luziatag (13. Dezember) beginnen---„
Die prinzipientreue Zarah Leander setzt ihr höchst undefinierbares Lausbubengesicht auf, doppelt humorvoll hinter der Schutzhornbrille, die Primadonnen oft tragen, á la Harold Lloyd im Alltag. Das kupferrote Haar passt gut zum mandelgrünen Wollkleid.
Mama Zarah spielt temperamentvoll einen unterschiedlichen Streit mit einem Revuevamp vor, aber natürlich siegt Mama. Ulla–Beth und Göran bekommen ein richtiges Weihnachtsfest. Mama packt schon die Weihnachtsgeschenke ein, Großmutter bäckt Lebkuchen, die Köchin macht die Weihnachtssülze und das Zimmermädchen beschäftigt sich heimlich mit neuen Puppenkleidern.
„Frau Leander weicht der Übermacht---„ „Frau Forsell heißt sie hier zu Hause.“
Da kommt der frischgebackene Ehemann, Vidar Forsell, und nimmt nun auch am Gespräch teil. Er ist auf seine Ehefrau sehr stolz, und das mit gutem Recht. Denn Frau Zarah ist nicht nur verführerisch im Rampenlicht, sie ist eine intelligente Frau, ein tüchtiges Arbeitstier, ein guter Kamerad und eine verständnisvolle Seele.
Das neue, schöne Zuhause zeugt besser als Worte von ihrem großen Erfolg. Vor zwei Jahren hatte Vecho-Journalen Gelegenheit, sie mit der Kamera in einer kleinen Zweizimmerwohnung
Am äußersten Zipfel von Kungsholmen ( Königsinselchen ) zu besuchen. Nach uns kam damals auch ihr jetziger Ehemann in Gestalt des Interviewers - und nun ist er gerade dabei, einen Roman über die Presse zu schreiben. An Stoff wird es ihm nicht fehlen, weil er außer seiner Ausbildung zum Reserveoffizier ein paar Jahre beim Stockholmer Tageblatt mitgearbeitet hat.
Im Presseroman, den Herr Forsell zu schreiben beabsichtigt, will er natürlich darauf zu sprechen kommen, wie wir uns heute mit der geneigten Erlaubnis der Primadonna auf die Wohnung stürzen, mit starkem Scheinwerfer und klarem Objektiv, wie Idylle an Idylle gereiht wird, wie sich schon das Kleinkind von den ganz großen Komödien mitreißen lies, wie der Interviewer frohen Mutes eine ausgesprochene Kamelie in – Chrysantheme verwandelt. Besser zuvorkommen als das Nachsehen haben!
Außer vom Ehemann, dessen schönes Bild Frau Zarah Forsells Sekretär ziert, gibt es nur zwei Herrenporträts im ganzen Hause – von Gösta Ekman und von Karl Gerhard.
„Die beiden Männer, denen ich meine Karriere verdanke“, sagt sie bescheiden. Die Freunde Gösta und Karl haben die Höflichkeit bereits schriftlich .ausgeglichen, indem sie auf ihr Foto „Mit Bewunderung“ schrieben. Denn sie haben in Frau Zarah eine ungewöhnliche suggestive Gegenspielerin .Gösta Ekman hat seiner <Lustigen Witwe> auch eine ausgezeichnete Arbeit in der Art einer mittelalterlicher Holzschnitzerei geschenkt – Christi Kreuzigung mit den Verbrechern an beiden Seiten und dem Volk vor dem Kreuz. Kleine frei stehende Figuren auf einer Holzplatte, jedes Gesicht ausdrucksvoll gestaltet. Gösta Ekman hat eine erstaunliche Fähigkeit, schöne Dinge in den Verstecken der Antiquitätenläden aufzustöbern.
Das Heim ist längst noch nicht fertig. Eine Mischung aus alten, schönen Renaissancemöbeln und neuen Kostbarkeiten. Der fast vollständig eingerichtete Raum ist das Wohnzimmer mit seiner gemütlichen Kaminecke, dem schönen Sekretär, dem prachtvollen antiken Spiegeln und der künstlerisch gestalteten Fayencelampe mit Pergament, die ein angenehmes Licht über die Gruppe um den Diwan wirft. Dahinter liegt ein kleines Rokokokabinett mit einem Klavier, wo die Primadonna offensichtlich repetiert, und ganz hinten befindet sich das Schlafzimmer mit einem raffiniert ausgedachten Toilettentisch, mit grüner Seide verkleidet. Auf der anderen Seite des Wohnzimmers liegt der Renaissancesaal und dahinter das Kinderzimmer, wo Mama Zarah ihren Fantasien freien Lauf ließ. Unter dem Dachgesims läuft eine Reihe von furchtbaren gemalten Drachen und freundlichen Ungeheuern, die Kissen sind von Ulla-Beths Mutter selbst genäht, die Bonzo-Motive als Applikationen draufgestickt, und auf der Rouleau sitzt John Blund mit seinem Regenschirm und lacht.
Der dreijährige Herr Göran spielt mit Leidenschaft, während die große fünfjährige Schwester von ihrem ersten Termin im Kindergarten der Französischen Schule erzählt.
Ja, so ist das in Gösta Ekmans Garderobe gewesen – zu ihr hat er nie etwas gesagt, nur zu Mama---. Große Enttäuschung, selbst für ein so kleines weibliches Wesen wie Ulla-Beth.
Die Großmutter, die die höchste Macht über den Haushalt und die Erziehung der Kinder hat, residiert im Zimmer nebenan. Gerade am heutigen Tag strahlt sie vor Stolz über ihren Neffen, Zarah Leanders Cousin, fil. lic. (akademischer Grad) Sten Wahlund, der am Vormittag mit ausgezeichnetem Erfolg an Stockholms Hochschule für den Doktorgrad disputierte. Das Thema war eine vergleichende demografische Studie über die nomadisierende, und die sesshafte Bevölkerung in den Gemeinden von Karaesnando, Jukkasjärvi, Gällivare und Jokkmokks.
Man muss der Großmutter zustimmen, dass es in der Familie mehr als einen hellen Kopf gibt.
Bildunterschriften
Seite 1 oben links: Zarah Leander als die schöne Revueprimadonna, unten links: Wohnzimmer, rundes Bild: Mit Mama zu Hause im Kinderzimmer, unten rechts: Frau Zarah im Vecko-Journalen lesend vor dem großen Kamin. Seite 2: oben Mitte: Die schöne Zarah in bester Revuelaune, darunter: ihr Ehemann, Oberleutnant Forsell, rundes Bild: Frau Zarah (vor zwei Jahren) isst zu Abend in ihrer Speisekammer, unten links: die Diele, unten rechts:
Zarah Leander an ihrem raffiniert ausgeklügelten Toilletentisch.
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