A R C H I V 1930-36 - 10
Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus den Jahren 1930-36


Zarah Leander hat klaren Erfolg in Göteborg; rechts neues Bild der Diva mit platinblondem Haar und nach eigener Aussage in sehr eleganter Nordiska Kompaniet-Kreation,einem feuerroten Hit mit Hahnenfedern.
Ich interviewe
meine Frau
Vidar Forsell
hat
ein Tischgespräch
mit Zarah Leander Göteborg, im September 1933
Vor genau zwei Jahren bekam ich von meinem Redaktionschef den Auftrag, ein Interview mit Zarah Leander zu machen. Ich lehnte ab. Ich hatte Ingenieure über dieselmotorische Finessen interviewt – noch heute habe ich davon keine Ahnung – kinderlose Frauen über die Bedeutung der Pekineser für das Eheleben – noch heute weiß ich darüber nichts (nicht auf diese Art, um Himmels willen!) – und weinende Frauen, die mit ansehen mussten, wie ihr unversichertes Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte – noch heute schäme ich mich.
Mir fehlen also die nötigen Voraussetzungen nicht, um mit Zarah Leander ein Interview zu machen. Aber ich weigerte mich! Noch heute weiß ich nicht, worauf das beruhte, denn ich kannte sie doch nicht, hatte sie nie gesehen und auch nie die geringste Lust verspürt, sie kennenzulernen. (War das Selbsterhaltungstrieb oder eine durch frühere Umwelt erlangte Kenntnis vom wahren Gesicht der Kunst?) Nun, meine Weigerung reduzierte sich jedoch nach einigen unerquicklichen Stunden mit Entlassungsdrohungen des Chefs bis hin zur regelrechten Abneigung. Den Kopf voll Selbstmitleid und Ekel über den harten Beruf des Journalisten, suchte ich Zarah Leander auf – ach, wunderbare Reaktion – sie verheiratete sich mit mir … Nun hat mich der Freund und angesehene Kollege Teddy ersucht, ein zweites Interview mit Zarah Leander zu machen. Die Gefahr einer Störung in meiner Lebensführung ist nun kleiner geworden, eine Information zu erhalten dagegen schwieriger. Das ist so, als würde man Remarque bitten, auf Grund seines großen Kriegsbuches einen kurzen Leitfaden über die Strategie eines Privatmannes zu schreiben. …
Nein, ich muss mir zu meiner Rettung bei allen Interviews gewisse Anhaltspunkte suchen – man erkennt sie wieder: "Erzählen Sie etwas über sich … Was halten sie von … Ihre Zukunfstspläne „ Wird es ein Interview für die Tageszeitungen oder für die Wochenzeitschrift? will die Primadonna bei meiner ersten Frage wissen. Für keine von beiden. Für die Szene.
- Oh! Da … da interessiert es den Redakteur vielleicht, dass ich in dem Stück "Die treuen Kavaliere" gastieren werde Ich gebe eine Frau aus dem Dorf, die ins Konzerthaus geht, eine glänzende Charakterstudie, das Gastspiel sollte in Peiping stattfinden, das ist sicher nicht richtig, dort ist es doch so laut …Nein, nein! Aber ich kann doch nicht gut sagen, dass ich auf dem Bauch schlafe oder dass ich an die Decke spucke vor einer Premiere …Der Szene geht es ja darum! Soll das Interview gelingen, darf es nicht zu hoch sein. Sie brauche nicht über sich selbst zu erzählen. Das machen andere viel besser. Antworten Sie nun stattdessen auf …, was halten Sie z.B. von der Kritik?
- Oh, es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der Redakteur so etwas fragt! ruft das bezaubernde Interviewopfer aus und blickt wie eine Schlange drein, die im Begriff ist zuzubeißen. Denk mal, meine Kollegen klagen so oft über die Kritik, aber ich, ich finde sie sehr erfreulich! Liest man nach einer Premiere die verschiedenen Zeitungen, ist das so, als wurde man in der Bibel lesen: immer kann ein armer unvollkommener Mensch ein Wort des Trostes finden! Es kommt allerdings vor, da ich von Zeit zu Zeit die Kritik mit gemischten Gefühlen lese, aber da denke ich dann sofort an die einzelnen Kritiker: was für eine Verwirrung würde es geben, müssten sie die gegenseitigen Rezensionen lesen! (Das Publikum liest gottlob nicht alle Zeitungen.) Wie wäre es, wenn die Kritiker nach jeder Premiere eine kleinen Konferenz abhielten – am besten bei Schnaps und belegtem Brot – und sich auf gewisse Richtlinien für das künftige Anprangern einigen? Das würde nach meiner Meinung ihre Autorität stärken. Könnte die Szene nicht einen Weg zeigen und z.B. eine Zusammenstellung davon machen, was im Svenska Dagbladet der Wahrheit entspricht, in Dagens Nyheter dagegen als übler Scherz dargestellt wird? Denk mal, nach meinem Erfolg mit "Eine Frau, die weiß, was sie will" im Großen Theater in Göteborg, schrieb eine Zeitung, dass die Stimmung im Publikum schlecht war. Das Publikum jubelte jedoch! Entweder ging der Rezensent nach dem 1. Akt – worüber man vielleicht froh sein könnte – oder aber sein akustisches Gehör war auf die Wellenlänge der höheren Stimmung nicht eingestellt. Ihn lade ich nicht ein, außer als Polizeizeuge, das wäre natürlich etwas anderes. Er könnte doch bestätigen, dass alles ordentlich über die Bühne gegangen ist, jeder ruhig war, bis auf mich …Ist es notwendig, die Polizei hineinzuziehen? Ah, nun sagt der Redakteur etwas! Ich habe doch versprochen, den Polizeidirektor Zetterqvist zum Essen einzuladen. Er ist von Natur aus so herrlich kriminell! Der Interviewer widersteht der Versuchung, direkt nach dem Zukunftsplänen zu fragen. Also!
- Welchen schwedischen Kritiker setzen Sie an die erste Stelle? Meinen hochgeschätzten Freund Kar de Mumma natürlich! Seine Objektivität sollte sämtlichen schwedischen Kritikern als Richtschnur dienen. Er, er sitzt wirklich nicht im Glashaus! Seine Art, sehr wichtige Theaterprobleme aufzuwerfen, bringt die schlummernde Welt der freischaffenden Künstler wieder in Schwung. Nimm jetzt nur seinen neuesten Artikel in der Szene "Der Schuhmacher und die Leisten". Wenn er die Ausuferung in der Kunst beanstandet und z.B. mit prophetischem Scharfblick Tuttas "Ophelia" vorwegnimmt, so frage ich mich beinahe, ob ich unrecht tue, in einer Operette zu spielen statt in einer Revue. Hu, also ich, die in klein bisschen mit dem Gedanken an Macbeth spielt und … ich getraue mich nicht, daran zu denken. Kar de Mumma weiß, wovon er spricht. (Wie ist das Ausweiten der Themen des Hans-Dampf-in-Allen-Gassen-Journalisten eigentlich einzuschätzen? fragt sich der Interviewer so nebenbei) Gösta, Tutta, mir und Margit Rosengren wird guttun, an seine Worte zu denken. Und wie schaut es mit den Zukunftsplänen aus? Man spricht von der Oper …
- Schreiben Sie nun genau auf, was ich dem Redakteur sage: Die Tatsache, dass ich nicht die "Königin der Nacht" singen werde – in "Der verzauberte Laden" von Wagner, Sie wissen schon – bedeutet nicht, dass ich nicht die größte Sympathie für die Oper habe. Ich würde keinen Augenblick zögern und einspringen, um die Vorstellung zu retten, falls Wallgren plötzlich erkranken sollte …Bis auf weiteres habe ich vor, mich auf meinem Operettenlager auszuruhen. Mir gefällt diese besondere Kunstart, und auch wenn das nicht Gesang sein soll, so wird das meine Musik bleiben!
Text zu dem Foto auf S. 14:
Manon Cavallini – Zarah in ihrer Garderobe in "Eine Frau, die weiß, was sie will" im Großen Theater.
Zum Foto auf S. 15:
Zarah Leander und Erik Laurent in "Eine Frau, die weiß, was sie will" im Großen Theater.
Unten links Karen Scheutz, Karl Gerhards Ballettprimadonna, Karl Gerhard, Zarah Leander, Emy Hagmann und Gustav Wally beim Sonntagvormittagsbummel mit Kind und Kegel; rechts Papa Hagmann begleitet die kleine Britt.

Proben für die Revue:Calle Hagman, Zarah Leander und Karl Gerhard.












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