A R C H I V 1930-36 - 12
Bilder, Fotos, Zeitungsausschnitte etc. aus den Jahren 1930-36


Arbeit? Ich arbeite sehr gern. Das ist mein Leben. Natürlich wird man müde und bekommt große Lust, alles hinzuwerfen und sich freizunehmen. Das war übrigens dieses Mal nicht zu früh. In den letzten drei Jahren hatte ich nur drei Wochen Urlaub. Aber ich weiß, dass ich mich schon nach einem freien Tag wieder nach geordneter Beschäftigung sehne.
Etwas anderes? Doch, dass ich Karl Gerhard enorm bewundere. Wissen Sie, wie anregend es ist, unter seiner intelligenten Führung zu arbeiten? Und was mich betrifft, hatte er immer eine unversiegbare Energie und Geduld, also habe ich allen Grund dankbar zu sein.
Mein interessantestes Erlebnis? Das war die Finnlandreise mit Karl Gerhard. Sie können nicht ahnen, welchen Triumphzug wir erlebten. Überall mit Jubel und Verständnis gefeiert. Unsere Erfolge spotteten jeder Beschreibung. Nein, das ist mir nicht zu Kopf gestiegen.
Jetzt öffnen sich die Türen zum Speisezimmer, auch das in Gelb mit senfgelben Lederstühlen. Zwei süße Kinder stürmen herein. Mama, Vidar hat uns zwei Ballons versprochen. Gestern gab es hier Kindergesellschaft, lacht Frau Forsell, und nicht alle Ballons scheinen kaputtgegangen zu sein. Nein, ihr müsst hinaus und graben, während die Sonne scheint. Aber Mama, da! - - - - -
Es bleibt dem Interviewer nichts anderes übrig, als zu den Sandhaufen mit hinunterzukommen.
Und die Familie geht über die hellen Treppen des eleganten Hauses im Stil der Neuen Sachlichkeit, das übrigens in der nahen Nachbarschaft von Karl Gerhard liegt, der nicht nur von Frau Leander, sondern von uns allen geschätzt wird. Er wohnt genau um die Ecke. Kein Wunder, dass da die Zusammenarbeit wie geschmiert läuft. Was jedoch nichts daran ändert, dass Zarah Leander auf eigenen, sicheren und eleganten Beinen steht. Das hat sie wohl jetzt mit Worten, Ton und Gebärden bewiesen.
Ja, liebe Leser, das wurde kein „Zuhause - bei – Interview“ mit Küchendunst und Garderobenbestandsaufnahme. Es ließe sich noch weitaus mehr über Bilder, Vasen, Blumen und Kinder schreiben. Aber kleine Reste gönnen wir uns gern, sowohl bei der eigenen Damenwahl als auch bei der Rotationsdruckpresse. Wir wollten nur unseren Eindruck von einer jungen, fleißigen, begabten und charmanten Vertreterin des typisch Weiblichen wiedergeben, die mit klarem Verstand Erfolge erträgt. Das ist, wie wir wissen, nicht immer so einfach. Mit einer gewissen Absicht spricht der Titel zu diesem Artikel nicht von der Revueprimadonna, dem Operettenstar, der göttlichen Zarah als Diva, sondern ganz einfach von der Künstlerin. Das ist immerhin eine Stufe höher, wenn es drauf ankommt.
Thesy
Text zu den vier Bildern dieses Artikels: 1.Bild: Zarah Leander am Flügel, auf dem ein Riesenporträt von Max Reinhardt steht, bestimmt für Zarah Leander 2.Bild: Zarah im großen Wohnzimmer. 3.Bild: Im Salon. 4.Bild: Auf ihrem Balkon, von dem aus die Südkonturen des Norr Mälarstrands (Kaufhaus in Stockholn) undeutlich zu sehen sind.
Werft einen Blick auf Zarah Leander!




8.9.1933 Stora teatern Göteborg: Eine Frau, die weiß, was sie will ( Lustspieloperette von Oscar Straus )

In den Jahren 1933/35 gastierte die Leander in diversen Städten mit der Lustspieloperette
Eine Frau, die weiß ,was sie will , hier im Oscarstheater in Stockholm

Revue-Star Zarah Leander


Übersetzung des obigen Textes:
Veckotidningen ABC
Nr.2 Lördagen den 13 Januari 1934
Die Revueprimadonna: ZARAH LEANDER
Dieses Bild, das seinem Schöpfer große Ehre macht, dürfte wohl auch die eigenartige Schönheit der schwedischen Revueprimadonna am besten zur Geltung bringen. In großen, klaren Flächen baut sich die Skulptur dieses Antlitzes auf, das an ein Königinnenhaupt der ägyptischen Kunst denken lässt mit seinem seltsamen typischen Ausdruck der an Degeneration grenzenden Verfeinerung, gleichzeitig auch mit dem Hinweis auf Kraft und Begabung von recht ungewöhnlichem Ausmaß.
Obwohl das Bild nicht direkt eine Maske aus der Revue des Jahres wiedergibt, ist es jedenfalls sehr typisch für Karl Gerhards Primadonna, an diesen Abenden vor den Blicken der Göteborger in einer solchen Maske aufzutreten.
So manche Jahre suchten wir hierzulande und sehnten uns nach einer Künstlerin, die der Kunstart , welche so vortrefflich mit dem Zeitgeist und den besonderen Bedürfnissen der Zerstreuung übereinstimmt, Klang und Profil geben würde! Karl Gerhards selbstverständliche und Rolfs wohl auf persönliche Art und Weise komponierte Revuen gestalteten in gesundem Wettbewerb während einiger Jahre diesen --- soll ich es wagen zu sagen --- nationalen Revuestil, der ohne Zweifel seine Wurzel im Verlangen unserer Generation nach Schönheit, Abwechslung und mehr oder weniger intelligenter Kritik an der Gesellschaft und der Gegenwart hat. Aber es war wie in des Poeten Gedicht über die Königskrone: „In der Mitte fehlt ein Edelstein“. Das war es, was wir besprachen, während vieler Jahre suchten und worüber wir schrieben: „Wo ist SIE, die den eigentlichen strahlenden Mittelpunkt in diesem graziösen Spiel aus Reim, Scherz, Musik, Tanz und Geist bildet --- wann kommt die Primadonna?“
Nun --- sie kam. Im Jahr der Funktionalismus-Ausstellung 1930 tauchte sie auf, spielte in einer recht kleinen Ausstellungsrevue, zog aber sofort alle Blicke auf sich. Sie wurde zum Gegenstand sehr großer unkritischer Bewunderung --- aber auch ziemlich scharfer Kritik. Allerdings, sagte man, sieht die Person gewiss nicht übel aus, aber ist sie Schauspielerin? Was für eine Stimme sie hat, sie ist doch heiser. Und solche Gesten macht sie dann! Es war sicher nicht alles ungerechtfertigt, was da gesagt und geschrieben wurde. Zarah Leander erregte Aufmerksamkeit, sie war, was die Franzosen mit einem unübersetzbaren Wort einfach Klasse, toll! nennen. Aber sie war noch weit weg vom Ziel. Sie wurde auf eine etwas primitive Art von der Gefahr des Steckenbleibens bedroht, die bald ihre Wirkung verlieren sollte.
Aber sie ließ sich nicht auf leicht errungenen Lorbeeren nieder. Sie arbeitete --- und entwickelte sich. Sie erhielt bessere und bessere Aufgaben. Man beurteilte um die Wette Stimme und Stil, ihre Gebärdensprache wurde frei und beherrscht. Es ist wohl ungewiss, ob ihre Lustige-Witwe-Periode zu ihrem Vorteil war. Aber ihren eigentlichen Bereich fand sie entschieden in den Revuen von Karl Gerhard --- und nie wirkte sie so vollendet, so sicher und strahlend wie in seiner Lysistrata.
Sicher ist das richtige Wort. In dieser boshaften Revue, über die die Göteborger mit unschlüssigem Kopfschütteln diskutieren --- seit sie am Abend ihren Spaß daran haben --- hat sie Gelegenheit, auf einer großen Klaviatur von Stilen und Stimmungen zu spielen, von den großen, klassisch-pathetischen Parodien, die ein statuarisches Gebärdenspiel und eine überzeugende Deklamation erfordern, bis zum Ausdruck für den meist spaßigen Humor. Und sie ist die ganze Zeit in Höchstform. Nicht eine vertane Gelegenheit, nicht eine falsche Betonung, nicht eine Geste, die dem Text und dem Rhythmus widerspricht, nicht eine Miene, die nicht dem gesungenen oder gesprochenen Wort folgt, erklärend --- oder mildernd. Es ist wohl hauptsächlich ihr Verdienst, dass die Revue nicht roh wirkt. Ob ihre Stimme von Professor Forsell „auf antik“ hergerichtet wurde, ist ungewiss, aber praktisch hat sie gewonnen, im Klang und im Ausgleich, und sie braucht nicht mehr ihre tiefen Töne heraufzuholen, um Eindruck zu machen. Fast noch besser ist die Rede --- klar artikuliert, frei von Geziertheit, ungewöhnlich geradeheraus, mit geahnten Kraftreserven dahinter. An dem Tag, an dem sie nicht mehr Revue und Operette spielen will, erhofft sich die weibliche Linie der schwedischen Bühnen eine wertvolle, qualitative Verstärkung. Die großen Rollen liegen da und warten.
Und --- ja, es ist vielleicht abgedroschen, über die äußeren Vorzüge zu sprechen. Aber in dem Augenblick betritt Zarah die Bühne und singt ihr großes, gewagtes Lysistrata-Couplet --- gewiss sonderbar zu der schmachtenden Melodie aus „Ein Wiener Walzer“, die Wertheimer für uns so viele Jahre im Lorensberg spielte --- bis sie sich von uns in einer blaugrünen Robe verabschiedet, die sich vom perlmutterschillernden Dekollete herrlich abhebt. Die ganze Zeit und in jedem besonderen Augenblick erfüllt sie auf noble und selbstverständliche Art die Pflicht, die der gute König Henri als der Frauen erste bezeichnete: schön zu sein!
Dieser Artikel war von Anfang an dazu bestimmt, eine Besprechung der Neujahrsrevue zu werden, obwohl er etwas ganz anderes geworden ist. Nun ja --- das hat nichts zu sagen. Die Revue ist im Voraus viel besprochen worden, auch die Arbeit der Künstler. Dass Karl Gerhard und Carl Hagmann ihr Metier beherrschen und es noch dazu variieren können, dürfte wohlbekannt sein. Aber es sollte nachdrücklich betont werden, dass Emy Hagmann zu größter Hoffnung berechtigt. Und Gustaf Carlströms Bühnenhintergrund verrät Humor und dekorative Fantasie, ganz im Geist des Werkes.

Wir haben eine neue große SCHAUSPIELERIN: ZARAH LEANDER


"Mein freundliches Fenster" KARL GERHARDS Revuetournee 1934


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