B I O G R A F I E
Die Zarah-Leander-Biografie
Zarah Leander erblickte am 15. März 1907 um 22.16 Uhr in Karlstad / Schweden als Tochter des Instrumentenbauers und Grundstücksmaklers Anders Lorentz Sebastian Hedberg und der Hausfrau Matilda Ulrika Hedberg, geb. Vikström (beide 1882) das Licht dieser Welt.
Eine Urgroßmutter väterlicherseits stammte aus Hamburg. Ihr Vater hatte in Leipzig Orgelbau und Musik studiert. Durch ihr deutsches Kindermädchen und einen deutschen Klavierlehrer wurde sie schon in früher Jugend mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut. Ab 1911 erhielt sie Klavier- und Geigenunterricht und trat 1913 bei einem Chopin-Wettbewerb zum ersten Mal öffentlich auf. Bis 1922 besuchte sie ein Gymnasium, danach verbrachte sie zwei Jahre in Riga und lernte dort fließend deutsch sprechen. In dieser Zeit besuchte sie so oft es ging Theater und Konzerte und fasste den Entschluss, zur Bühne zu gehen.
Ihre Theater- und Musikbesessenheit führte sie 1926 zum ersten Mal nach Berlin. Ihrem Vater musste sie das Reisegeld abschmeicheln, denn sie wollte unbedingt Fritzi Massary, die große Berliner Operettenkönigin, ihr Vorbild, sehen und natürlich hören. Ihr Vater ist auch der einzige in der Familie Hedberg, der Zarah Leanders musischen Ambitionen Verständnis entgegenbringt, während Mutter Matilda, von ihrer strengen protestantischen Moral und Pflichtauffassung geprägt, unwillig auf Zarahs Begeisterung für die Welt des Scheins reagiert. Auch ihre vier Brüder machten sich über Zarahs Sehnsucht nach einer Bühnenkarriere vorerst noch lustig. Sie hatte aber nie Gesangs- oder Schauspielunterricht.
1926 bewirbt sie sich mit der Rolle der Salome von Oscar Wilde um die Aufnahme an der Königlichen Schauspielschule Stockholm und fällt prompt durch, lernt aber den Schauspieler Nils Leander kennen, den sie bald darauf heiratet. Ihre beiden einzigen Kinder, Tochter Boel, geboren 1927, und Sohn Göran, geboren 1929, stammen aus dieser Ehe, die 1931 wieder geschieden wird. Kurzfristig arbeitet sie auch als Verlagssekretärin im Lindfors- Buchverlag in Stockholm. Durch ihren Ehemann Nils Leander bekommt sie ihre ersten noch unbedeutenden Rollen am Theater , und mehrmals stand sie auch mit ihm zusammen auf der Bühne. So auch 1928 in der Operette Drogne Emil, auf Deutsch: Der treue Emil. Auch das für sie so entscheidende Vorsprechen bei dem berühmten Revuekönig Ernst Rolf im Jahre 1929 geht auf seine Intervention zurück. Zarah durfte singen, bekam 100 Kronen und konnte am nächsten Tag, an einem Sonnabend, dem 27. Oktober 1929, für die erkrankte Margit Rosengren mit dem Lied Wollt Ihr einen Star sehen, schaut mich an (nach der Melodie: Wenn der weiße Flieder wieder blüht) einspringen. Der Revuekönig Ernst Rolf kündigte seinen neuen Star mit den Worten an:
"Sie ist so talentiert, dass ich nicht die Kraft hatte, nein zu sagen. Sie heißt Zarah Leander, und diesen Namen muss man sich merken."
Daraufhin wird sie von der Schallplattenfirma Odeon unter Vertrag genommen und nimmt bis zum Jahre 1936 insgesamt 80 Titel auf, alle in schwedischer Sprache, darunter 1930 auch den Marlene-Dietrich-Song aus dem Blauen Engel: 'Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.' Der damals sehr berühmte schwedische Schauspieler Gösta Ekman, der Faust-Darsteller aus dem Stummfilm von Murnau (1926), besteht darauf, sie 1931 als Partnerin in 'Die lustige Witwe' als Hanna Glawari zu bekommen. Franz Léhar muss ihretwegen den Gesangspart um zwei Oktaven tiefer transponieren. Es wird ein Sensationserfolg. Sie wirkt in drei schwedischen Filmen mit und spielt auch da, wie später bei der Ufa, den singenden, mondänen Vamp: 'Dantes Mysterien' (1930), 'Der falsche Millionär '(1931) und 'Ehespiele / Skandal' (1935).
Aber auch privat geht es recht turbulent zu. Nach der Scheidung von Nils Leander geht sie 1932 ihre zweite Ehe mit dem Journalisten Vidar Forsell ein, einem Sohn des Intendanten der Stockholmer Oper, der sich 1946 wieder von ihr trennt. Er adoptiert ihre beiden Kinder, die daher den Namen Leander nicht tragen. Abermals führt sie jetzt ihr Weg auf ihrer Hochzeitsreise nach Berlin. Dies zeigt, wie stark ihre Affinität zu Berlin, zu Deutschland, schon immer war. Das Jahr 1936 ist Zarahs wichtigstes Jahr für ihre Karriere. Der von Berlin nach Wien emigrierte Operettenbuffo Max Hansen,
hier in Berlin hatte er sich mit Couplets über die angebliche Homosexualität von Hitler bei den Nazis unbeliebt gemacht, schrieb im Sommer 1936, zusammen mit Adolf Schütz und Paul Morgan, Liedertexte Hans Weigel, das Singspiel 'Axel an der Himmelstür', eine Parodie auf Hollywood und die Garbo. Aber wer sollte die Hauptrolle spielen? In Wien gab es keine Frau, die einen internationalen Filmstar spielen konnte. "Wissen Sie jemanden?" wurde Hansen gefragt. Dieser kam geade aus Schweden, wo er die im deutschsprachigen Raum noch unbekannte Zarah Leander in einer Revue in Stockholm gesehen hatte, und schlug sie vor. Damit leitete Max Hansen die deutschsprachige Karriere der Leander ein. Nach der Premiere, die am 1. September 1936 im Theater an der Wien stattfand, berichteten auch die schwedischen Zeitungen über ihren Erfolg. Svenska Dagbladed bringt die Schlagzeile: "...Zarah hat großen Erfolg in Wien..."
Stockholms Didningen notiert: "...Zarah erobert die Wiener im Sturm, eine so wilde Begeisterung hat man seit den Tagen der klassischen Operette nicht mehr erlebt...
Und in der Wiener Musik- und Theaterzeitung Tonfilm, Theater, Tanz vom Oktober 1936 heißt es u. a.: "...In Zarah Leander hat die Filmdiva eine ausgezeichnete Interpretin gefunden. Diese nordische Schauspielerin hat echtes Theaterblut in sich. Sie ist eine faszinierende Bühnenerscheinung von ebenbürtiger Gestalt und das rötlich schillernde Haar verleiht ihr den Reiz der Exotik. Sicher und überlegen spielt und singt sie, ihre klangvolle Altstimme verrät samtigen Glanz..."
Während sie mit riesigem Erfolg jeden Abend auf der Bühne einen verwöhnten Hollywoodstar spielte, drehte sie tagsüber in den Ateliers Wien-Rosenhügel ihren ersten deutschsprachigen Film 'Premiere'. Sie spielt einen attraktiven Revuestar. Die beiden Lieder, Ich hab vielleicht noch nie geliebt und Merci, mon ami stammen daraus. Jetzt klopft neben Hollywood und London auch die Ufa in Gestalt des jungen Vizepräsidenten der Reichsfilmkammer Berlin an und unterbreitet Zarah Leander ein sagenhaftes Filmangebot. Ohne Rückendeckung von Goebbels bespricht Hans-Jakob Weidemann mit der Leander die Möglichkeit, zur Ufa nach Berlin zu kommen. Die Begegnung fand übrigens in einem Wiener Caféhaus statt, wo die Leander mit ihrem Partner Max Hansen den Vizepräsidenten erwartete und beinahe übersehen hätte, da sie sich unter diesem Titel einen ehrwürdigen älteren Herrn vorstellte.
Den Vertrag, den sie nach diversen Vorgesprächen schließlich am 28. Oktober 1936 unterzeichnet, bindet sie vorerst für drei Filme, die zwischen dem 1. Februar 1937 und dem 31. Januar 1938 zu realisieren sind, an die Ufa. Die Ufa hatte die Option, den Vertrag jeweils um 14 Monate zu verlängern. Gestaffelte Gage 200.000, 300.000, 400.000 Reichsmark, 53 % in Schwedenkronen. Die Zahlung erfolgt monatlich. Mitspracherecht bei Wahl der Stoffe und Komponisten. Nach Vertragsabschluss musste sich der Vizepräsident der Reichsfilmkammer, Hans Jakob Weidemann, von Goebbels bittere Vorwürfe anhören, da dieser nicht begeistert war von der Idee, dass die Ufa ausgerechnet eine Ausländerin zur Leading-Lady der eigenen Gesellschaft und, wenn möglich, des gesamten deutschen Films aufbauen wollte. Er betrachtete es als Armutszeugnis, dass das stolze Dritte Reich nicht eine eigene Garbo produzieren konnte.
Nach ihren drei Ufa-Filmen: Zu neuen Ufern, La Habanera und Heimat war sie bereits so populär, dass sich Goebbels der öffentlichen Anerkennung beugte. Sie war jetzt die Henne, die goldene Eier legte. Alle 10 Filme, die sie bis 1942 drehte, gehörten von den Einspielergebnissen her zu den jahresbesten.
Der Ton in Goebbels Tagebüchern ändert sich schlagartig, als er merkte, dass nicht nur das deutsche Publikum, sondern halb Europa dieser geheimnisvollen Stimme der Sehnsucht mit dem überdimensionalen Leidenspathos zu Füßen lag. Auch im neutralen Schweden berichtet die Presse überschwänglich von Zarahs Erfolgen und schickt Sonderkorrespondenten nach Berlin. Als der österreichische Film Premiere zusammen mit ihrem ersten Ufa-Film Zu neuen Ufern bei den Filmfestspielen in Venedig präsentiert wird, berichten die schwedischen Zeitungen stolz
"...Zarah Leander repräsentiert Schweden mit einem österreichischen und einem deutschen Film...".
Die schwedische Presse formulierte damals keine Vorwürfe, weshalb die Leander ihr Talent der braunen Filmindustrie zur Verfügung stellte. Im Gegenteil, die Filme liefen alle auch mit großem Erfolg in Schweden, die schwedische Wochenschau stellte im November 1938 die Premiere von Heimat in Stockholm heraus. Der Ton ändert sich nun keinesfalls, wie man annehmen müsste, mit Beginn des Krieges, sondern erst nach Stalingrad. Ein Pressefoto aus dem Jahre 1941 belegt dies, als die Leander zur deutschen Kulturwoche in Paris weilte und u. a. auch von Jean Cocteau empfangen wird. Es zeigt den Star, wie er auf den Champs-Elysees Autogramme nicht nur an deutsche Soldaten, sondern auch an französische Verehrer verteilt. Dieses Bild wird in der schwedischen Presse mit einem freundlichen Text publiziert. Erst nach dem Krieg steht unter dem Bild: "Sie schämte sich nicht, an die Besatzer von Paris Autogramme zu geben". Von den 10 Filmen, die die Leander bis 1942 in Babelsberg bei der Ufa drehte, sind fünf Kostümfilme, und nur in Die große Liebe (1942) spielt sie in einer zeitgenössischen Rolle, die so angelegt ist, dass sich im vierten Kriegsjahr die deutschen Frauen mit der Leander identifizieren konnten. Ihre Karriere befindet sich jetzt auf ihrem Höhepunkt. Ihre Lieder Der Wind hat mit einLied erzählt, Kann denn Liebe Sünde sein, Nur nicht aus Liebeweinen, Er heißt Waldemar waren in aller Munde und die Schallplatten erreichten Millionenauflagen. Viele dieser Titel nahm sie jeweils in Deutsch, Schwedisch und Französisch auf. Aufnahmestudios standen ihr in Berlin, Stockholm und Paris zur Verfügung. Daher konnte sie auch Lieder von Komponisten, die im Reich verboten waren, wie z. B. Bei mir bist du schön von Shalum Sekunda, im April 1938 in Stockholm ohne Schwierigkeiten aufnehmen.
Im Mai 1940 wählten die Leser einer Schweizer Filmzeitung sie zum Star Nr. 1. Erst an dritter Stelle ihre Landsmännin Greta Garbo, Marlene Dietrich weit abgeschlagen auf Platz 18.
1939 hatte sie sich mit ihren Film- und Schallplattengagen einen komfortablen Landsitz in Schweden gekauft. Ihre Karriere und ihr Gut Lönö nahmen sie voll in Anspruch. Im Deutschen Reich, das heißt in Berlin, hielt sie sich jeweils nur so lange auf, wie sie für Film- und Schallplattenaufnahmen gebraucht wurde. Im Gegensatz zu ihren ausländischen Kollegen, wie der Rökk, der Söderbaum oder Heesters, konnte sie das Reich jeweils ohne Probleme verlassen, da sie ihren schwedischen Pass behielt. Sie musste auch das Gefühl gehabt haben, ihre schwedischen Landsleute akzeptierten voll, dass sich ihre Karriere im nationalsozialistischen Deutschland im Zenit befand, konnte sie doch während der Dreharbeiten zu 'Es war eine rauschende Ballnacht' den Berliner Zeitungen entnehmen,
Berlin,Februar 1939: König Gustaf V. Schweden bei Göring, links Kronprinz Gustaf
dass sich das schwedische Staatsoberhaupt König Gustav V. im Februar 1939 in Berlin aufhielt, um in der schwedischen Gesandtschaft Hermann Göring den höchsten schwedischen Militärorden, das Großkreuz des Schwertordens mit Kette, zu überreichen. Vor Drehbeginn zu 'Die große Liebe', nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941, telegrafierte Gustav V. an Hitler und wünschte:
" ... großen Erfolg im Niederschlagen des Bolschewismus".
Nach Kriegsausbruch verdoppelt Schweden seinen Holzexport nach Deutschland und verfünffachte seinen Zelluloseexport. Die Granaten und Bomben, die die Deutschen auch gegen den dänischen und norwegischen Widerstand einsetzten, stammten zum großen Teil aus Schwedenerzen. Von 1933 - 1945 stammt sage und schreibe bis zu 40 % der Hitlerdeutschen Stahlproduktion von schwedischen Erzen. Als Dank für die pünktlichen Lieferungen wurde Schweden bevorzugt von den Deutschen mit Kohle und Koks beliefert und die schwedische Bevölkerung erhielt pro Kopf mehr davon als die eigene deutsche. Interessant ist auch noch zu erwähnen, dass am 5. Oktober 1941 Deutschlands Fußballnationalmannschaft in Anwesenheit des schwedischen Königs in Stockholm 2 : 4 gegen Schweden verliert. Den Kriegsausbruch selber schien die Leander jedoch mit gemischten Gefühlen aufgenommen zu haben. Goebbels notierte am 11. Januar 1940 in sein Tagebuch:
"Frau Leander hat Sorgen wegen ihrer Kinder. Sie fürchtet, dass Schweden in den Konflikt hineingezogen werden könnte.
Ich beruhigte sie etwas. Frauen sind gänzlich unpolitisch."
Den vorletzten Film, den die Leander für die Ufa drehte, bevor sie 1943 endgültig Deutschland verließ, war 'Die große Liebe' unter der Regie von Rolf Hansen. Der Luftwaffenpilot Paul Wendland (Viktor Staal) lernt die Sängerin Hanna Holberg (Zarah Leander) kennen. Liebe, Trennung, Wiedersehen, erneute Trennung, erneute große Liebe. Das geht so durch das ganze besetzte Europa. Die Lieder 'Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn' und 'Davon geht die Welt nicht unter' haben die Zeit überdauert und sind Evergreens geworden.
Dazu der amerikanische Filmhistoriker David Stewart Hull: "...Der Zarah Leander-Musikfilm ist ein interessanter Fall. Bei der Handlung ging es um eine Romanze zwischen einem jungen deutschen Luftwaffenoffizier, der sich im Urlaub in eine schöne Revue-Schauspielerin verliebt und ihre ständigen Schwierigkeiten, da der Krieg ihre Verbindungen unterbricht. Regisseur Rolf Hansen schaffte es, die eigentlich banale Geschichte mit einer überzeugenden Aura von Kriegshysterie und ihre Auswirkung auf die Zivilbevölkerung zu versehen. Obwohl der Film dem Musikgenre angehört, ist 'Die große Liebe' eigentlich ein bitterer und pessimistischer Film, und der Propagandagehalt war so gering, dass es möglich war, den Film nach dem Krieg mit einem Einführungsvermerk wieder aufzuführen..."
Zarah Leander konnte wie keine andere die große Liebende und Leidende verkörpern. Dadurch konnten sich gerade Frauen mit ihr sehr identifizieren. Im dritten Kriegsjahr mussten die Menschen mehr und mehr damit fertig werden, dass sie an der Entfaltung ihres privaten Glücks gehindert wurden und mussten sich unabänderlichen Befehlen unterordnen. Im Kino wurden sie jetzt von Zarah nicht nur getröstet, vielmehr wird ihnen ein Lernprozess vorgeführt. Zarah lernt zwar widerwillig und unter Tränen, wie eine Liebe in Deutschland sich den immer härter werdenden Kriegsbedingungen des Jahres 1941 zu fügen hat.
Übrigens hatte dieser Film auch in der neutralen Schweiz seine Funktion erfüllt. In der Schweiz herrschte von September 1939 bis Mai 1945 die totale Mobilmachung, das heißt, die Schweizer Armee bewachte die Grenzen, die Soldaten waren im Dauereinsatz. Trennungsschmerz war auch in der Schweiz, wenn auch in gemilderter Form und nicht mit den tödlichen Konsequenzen wie im übrigen Europa, ein Gefühl, das jetzt der Therapie bedurfte. Daher lief 'Die große Liebe' wochenlang vor ausverkauften Kinos, obwohl die Schweizer Bevölkerung kein Interesse an einem Sieg Hitlers über Europa hatte.
Die Chansons aus dem Film wurden damals nicht als Propagandalieder entlarvt. Aus meiner Sicht sind es Liebes- und Trostlieder, die nur im Zusammenhang mit dem Inhalt eine erzieherische Wirkung auslösten. Als Propagandalieder mit dem Ziel, Welteroberungspläne durchzusetzen, wären sie in der neutralen Schweiz nicht zum Einsatz gekommen. Erst nach dem Krieg wurden sie mit dem Prädikat Durchhaltelieder versehen. Viele, die dies behaupten, kennen noch nicht einmal die Texte. 'Davon geht die Welt nichtunter' war übrigens schon ab Januar 1942 im Rundfunk zu hören. Dies geht aus den geheimen Lageberichten des Sicherheitsdienstes der SS hervor. Aufgabe der SS war es, das Volk zu bespitzeln, und in ihren Meldungen aus dem Reich gab sie ihre geheimen Lageberichte weiter. Unter Stimmen zum Rundfunk heißt es da am 22. Januar 1942:
"...Es werde bedauert, dass in letzter Zeit Sendungen, die sich bewährt hätten, so lange immer wieder gebracht werden, dass die anfängliche Zustimmung in ihr Gegenteil umschlage. Es werde besonders an das häufige Auftreten Zarah Leanders mit ihrem Lied 'Davon geht die Welt nicht unter' erinnert...".
Und am 5. Februar 1942:
"...Nachdem man kurz vorher erst den Schlager 'Davon geht die Welt nicht unter' mit Zarah Leander nahezu zu Tode gehetzt habe,
verfahre man jetzt mit den neuen Schlagern auf die gleiche Weise..."
Zarahs treuester Textdichter Bruno Balz (1902 - 1988): 'Kann denn Liebe Sünde sein', 'Der Wind hat mir ein Lied erzählt,' hat unter dem Vorwurf, ein Durchhaltelied für die Nazis verfasst zu haben, sehr gelitten. Er war alles andere als ein angepasster Nazi. Sein sexuelles Verhalten entsprach nicht der Norm der damaligen Zeit. Viele Homosexuelle wanderten während des Dritten Reiches in die KZs. Bruno Balz wurde 1941 denunziert. Er war schon drei Wochen in der Prinz-Albrecht-Straße bei der Gestapo und rechnete täglich damit, in ein KZ weitergeleitet zu werden. Da holte ihn der Filmkomponist Michael Jary mit der Begründung heraus, er brauche ihn für den nächsten Zarah- Leander-Film. Als Bruno Balz seine Zelle verlassen konnte, fiel ihm die Textzeile 'Davon geht die Welt nicht unter 'ein. Er meinte damit die Verfolgung, der er und seine Leidensgenossen ausgeliefert waren. Schon hatte er eine Liedzeile für einen Leander-Schlager, dass dies im Nachhinein so missinterpretiert wurde, finde ich besonders tragisch. Ansonsten konnte er sich damit trösten, dass die Kritikerin Karena Niehoff 1973 im Tagesspiegel über die Chansons und Lieder, die zum größten Teil aus seiner Feder stammen, schrieb:
"...Wie sind diese zum Teil ja wirklich weltläufigen, schnodderigen, emanzipierten Lieder, ihre hier und da fast süchtigen, schickschleifenden Melodien in die gedrückte Welt der sonst so ehrenpingeligen, kleinbürgerlichen, blauäugigen, strammen Nazis überhaupt einzubringen gewesen? Dergleichen war doch wohl undeutsches Liedgut und fast schon destruktiv..."
Aber nun wieder zurück zu Zarahs Filmkarriere, die sich im Jahre 1942 im absoluten Zenit befand. Abermals unter der Regie von Rolf Hansen stand sie für ihren letzten Ufa-Film Damals an 47 Drehtagen zwischen dem 15. August und dem 1. November 1942 vorerst zum letzten Mal vor einer Filmkamera. Der Film selber ist ein typisches Zarah-Leander-Melodram und gibt dem Star die Möglichkeit, das urgewaltiges Leidenspathos, das ihre Anhänger auch heute noch so an ihr schätzen, zu entfalten.
"Zarah Leander stand für die Schönheit des Leidens, jede Entbehrung schien sie noch schöner zu machen." (Georg Seeßlen)
Die beiden Lieder 'Jede Nacht ein neues Glück' und 'Einen wie dich könnt ich lieben' trägt sie souverän vor, sie bilden die Highlights des Films. Neben ihrem bewährten Partner Hans Stüwe agiert auch der junge feurige Italiener Rossano Brazzi in seiner ersten Filmrolle als Zarah Leanders Liebhaber. Die Außenaufnahmen fanden in Rom statt. Noch nach Jahrzehnten erinnert sich Brazzi an die Kussszene mit der Leander:
"Sie musste so oft wiederholt werden, dass am Abend meine Lippen schon etwas geschwollen waren."
Der Leander unterliefen dauernd kleine Patzer, aber beide schienen diese Wiederholungen zu genießen.
Während der Dreharbeiten fasste Zarah Leander den Entschluss, ihre Filmkarriere in Deutschland vorerst zu beenden. Sie weihte nur wenige Menschen ein, unter anderem ihren Regisseur Rolf Hansen, der mir dies 1983 für die Filmdokumentation 'Mein Leben für Zarah Leander' mitteilte. Zur Uraufführung von 'Damals' am 3. März 1943 kam sie zum letzten Mal während des Krieges nach Berlin. Es war längst nicht mehr ihr Berlin - der fortschreitende Krieg, die Bombardierung der Alliierten hatte das Leben in der Reichshauptstadt total verändert. Als die Leander nach der Premierenfeier ihre Grunewald-Villa, einen langgestreckten Bungalow an der Max-Eyth-Straße 12 b, in dem sie seit 1941 während ihrer Berlinaufenthalte jeweils residierte, mit ihren Kollegen aufsuchen wollte, brannte schon der Küchenflügel, von einer Brandbombe getroffen, lichterloh. Mit der Hilfe der Feuerwehr war nicht zu rechnen, ganz Berlin schien zu brennen. (Die Villa Wildpfad 24, die sie von 1937 - 1941 bewohnte, ist inzwischen leider abgerissen worden.)
Zarah Leander, die glaubte, sich aus der Politik heraushalten zu können, sah sich jetzt zum ersten Mal mit der realen Kriegswirklichkeit konfrontiert. Das Glück wohnte für sie nicht mehr in Berlin, der Abschied fiel daher nicht schwer, zumal sie sich in Berlin ja immer nur als Gastarbeiterin gefühlt hatte . Ihre Familie wohnte längst in Sicherheit auf ihrem Gut Lönö in ihrer Heimat, dem neutralen, vom Krieg verschonten Schweden. Dorthin kehrte sie im März 1943 zurück.
Ab 1. September 1943 war die Leander von ihrem Ufa-Vertrag befreit und glaubte, naiv wie sie war, in Schweden ihre Karriere fortsetzen zu können. Inzwischen war aber die Nach-Stalingrad-Ära angebrochen. Die Leander saß zwischen den Stühlen. Sie wurde wie eine Feindin behandelt. Die Anklage lautete: Sie hat für die Nazis gefilmt.
Da sie aber einen Vertrag mit der Ufa hatte und nicht mit Goebbels oder der NSDAP, konnte sie während des Krieges einem schwedischen Journalisten auf dessen Frage, wie es sei, bei den Nazis zu filmen, getrost antworten: "Beim Film gibt es keine". Außerdem glaubte sie als neutrale Schwedin, sich aus der Politik heraushalten zu können. Die schmale Gratwanderung zwischen Ruhm und Unabhängigkeit gelang nur zeitweise. Sie war Trost für das Publikum und gleichzeitig Werbung für das Regime. Der Regisseur Douglas Sirk alias Detlef Sierck, der mit ihr 1937 die beiden Filme 'Zu neuen Ufern' und 'La Habanera' drehte, bevor er Ende 1937 über Frankreich in die USA emigrierte, meinte dazu in den 80er Jahren: "Zarah war weder Nazi noch Nicht- Nazi, sie wollte Karriere machen". Sie selber hat es auch akzeptiert, nach dem Krieg als politische Idiotin bezeichnet zu werden und meinte, sie habe ja nur Liebesfilme gedreht.
Zwischen allen Stühlen sitzt die Leander nun, aber immerhin ist es ein komfortabler Landsitz, den sie sich von ihren Filmgagen und vor allem von den Einnahmen ihrer Schallplatten 1939 erworben und ausgebaut hat. Das Haus besteht aus zwei Etagen mit 39 Zimmern, die alle mit Antiquitäten, aber auch moderner Kunst bestückt sind. Das Paradestück und Zarahs Lieblingszimmer ist die Bibliothek im Erdgeschoß. Zum Gut Lönö gehören 59.000 m² Grund, Fischgewässer mit großem Heringsbestand, Wälder, Äcker sowie 22 Inseln, Holme und Scheren. Hier lebt sich`s gut, hier wartet die Leander auf einen günstigen Zeitpunkt, ihre Karriere in Schweden fortzusetzen.
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In den deutschen Zeitungen wurden fortan keine Artikel mehr über die Leander publiziert. Nur einmal erschien ein Nachruf in dem von Heinrich Himmler herausgegebenen Politischen Dienst für SS und Polizei:
"...'Zu neuen Ufern'. Wir sahen sie eine Zeitlang nicht, das Überweib Zarah Leander. Kaum wissen wir noch, wie das war, als sie zum ersten Mal im deutschen Film auftrat.'Kann denn Liebe Sünde sein', bei ihr war sie es nicht, und wenn sie es wäre - und den Eindruck hatte man bei ihr oft - so war es ihr egal. 'Yes Sir '- der Weg zur Dirne war bei ihr nie weit und ein vollendet begangener Schleichpfad zum Glück. 'Mein Leben für die Liebe,' jawohl! 'Eine Frau wird erst schön durch die Liebe' - die sich in Ruhm und Geld umsetzen läßt. So ging es endlos in ihren Filmen - als der Krieg ausbrach, schaltete sie einen neuen Gang heroischer Leidenschaft ein. Immer wieder fiel sie auf die Füße und sie fiel oft und mit Inbrunst in zweideutige Situationen.
Ganz echt und ganz zu Hause war sie aber in den Bars, in den Tanzlokalen und in dem Milieu der Chansonsängerin, wo sie sich und ihre Fähigkeiten ungehemmt anpreisen konnte. 'Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn' und das Wunder geschah: Zarah spielte die brave Ehegattin und die aufopfernde Mutter, und das Publikum war zu Tränen gerührt ob so viel selbstlosen Frauentums. Nur die Gage stieg dabei, und die Skala der Gefühle der Zeitgenossen wurde restlos abgenutzt und die jungen Mädchen versuchten, die kleine Kokotte zu spielen, so lange es zu der großen ihres Schlages nicht reichte. Ihr Thema aber blieb die Liebe, dort war am meisten zu verdienen. Ob sie jemals hingebungsvoll und echt geliebt hat, sei dahingestellt. Es scheint, dass für diese importierte Schwedin, kühl, berechnend und raffiniert wie sie war, die Liebe nie mehr als ein Spiel gewesen ist, das sie auf der Leinwand und mit den verworrenen Gefühlen eines unzulänglich unterrichteten Publikums geschmeidig und finanziell sehr bekömmlich jahrelang betrieb.
Erst hat sie eine mondäne Frau in Deutschland darstellen und dann fortschreitend die deutsche Frau verdrängen und ersetzen wollen. Wir haben sie dabei großgemacht. Ihre Bilder haben jeden Bunker geschmückt, und sie war für viele Landser der Inbegriff der Weiblichkeit geworden. Nun sitzt wohl der Iwan in den Bunkern und kann sich an ihrem polierten Lächeln ergötzen. Wir wünschen ihm gute Unterhaltung dabei! Zarah ist entschwunden. Sie ist davongefahren, als bei uns die Wiese der Erotik abgegrast und genug Geld verdient war. Man kann sie zwar noch ausleihen und mit ihr eventuell Devisen erobern, aber wir sind vor neuen Filmen bewahrt und die deutsche Frau kann wieder Atem holen. Zarah schwamm 'Zu neuen Ufern' davon. 'Nur nicht aus Liebe weinen', wir trauern ihr nicht nach. War das ein Reinfall? - 'Davon geht die Welt nicht unter '- klingt höhnisch unsere Erkenntnis hintendrein..."
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Die Leander hat die Auseinandersetzung um ihre Person aus der Perspektive des Involviertseins mit der Politik nie verstanden. Für sie war immer nur ihr Publikum, der Applaus, die Zuwendung und sicher auch die nicht geringe Gage entscheidend für ihr künstlerisches Engagement. In ihren 1972 erschienenen Memoiren Es war so wunderbar mein Leben sagt sie dazu:
"...Wo steht denn geschrieben, dass ausgerechnet Künstler etwas von Politik verstehen müssen? Ich bin fast froh darüber, dass man mir das Etikett politischer Idiot aufgeklebt hat. Wenn ich das aber wirklich bin, sollte man mich mit grundlosen Anklagen wegen einer politisch fragwürdigen Vergangenheit in Ruhe lassen.
In einem Fernsehprogramm hat mich Lasse Holmquist unverblümt gefragt: Warst du Nazi? Und ich habe ebenso unverblümt geantwortet:
"Nein! Ich habe schon längst jegliches Interesse für diesen ganzen Fragenkomplex verloren, und doch muss ich immer wieder mit demselben kategorischen Nein! auf dieselbe dumme Frage antworten. Ich weiß von vielen, vielen Menschen in Europa und sogar hier in Schweden, die aus Begeisterung oder Opportunismus Nazis waren, die aber ihren Glauben und ihre Ansichten gewechselt haben und nun als ganz untadelig gelten. Ich konnte die politische Farbe nicht wechseln, weil ich nie eine gehabt habe..."
Oft besuchte sie in dieser Zeit auch die Schweiz, ihr Erscheinen im mondänen Skiort St. Moritz sorgte für besonderes Aufsehen, zumal sie in großer Robe, Sonnenbrille, Zigarettenspitze jetzt in Begleitung ihrer erwachsenen Kinder zu sehen war.
In der Schweiz traf sie auch auf den Komponisten Ralph Benatzky, der ihr ein Auftreten beim Genfer Rundfunk vermittelte. Hier entstanden auch ihre ersten Nachkriegsschallplattenaufnahmen. Am 24. Oktober 1947 nahm sie die beiden französischen Lieder Triste Sérénade und Valse des souvenirs auf sowie die beiden deutschen Titel 'Frag' michnicht, ob ich dich liebe' und 'Lass mich gehn'.
Die Nachkriegskarriere begann sich zu entwickeln. Bern, Basel und Zürich waren jetzt die nächsten Stationen für Konzertauftritte nicht nur vor einem begeisterten Publikum, auch die Kritiker hatten nur Lobendes zu berichten:
"...Wenn der große Casino-Saal bis zum letzten Platz ausverkauft ist, dann will das für Bern etwas heißen, aber Zarah Leander ist schließlich ein Name, der auch heute noch Zugkraft besitzt. Charmant, einmalig im Timbre ihrer Stimme und eben nicht nur Sängerin, sondern auch eine Schauspielerin von großem Format: wie wir sie vom Film her kennen, so ist sie geblieben. Die Chansons zeichneten sich durch vollendete Dynamik aus und zogen das Publikum in ihren Bann. Mit tobendem Beifall dankten die Zuhörer der Künstlerin nach jedem Vortrag und als die Ovationen zum Schluss des Konzertes nicht enden wollten, verabschiedete sich Zarah Leander mit einer sehr netten Geste, indem sie als Beigabe das Lied Sag mir nicht Adieu, sag nur Auf Wiederseh`n vortrug..." (Der Bund, 4. März 1948)
März 1948: In Rom pflegte man damals den Brauch, vor dem Hauptfilm im Kino ein Varieté-Programm zu präsentieren. In einigen dieser Vorprogramme war die Leander Stargast. Sie war sich dafür nicht zu schade.
1948 trifft sie auch wieder mit dem Komponisten Michael Jary zusammen. Eine große Tournee durch Deutschland wird vorbereitet.
In einem Interview in Zürich am 1. November 1948 erklärt die Künstlerin:
"Ich freue mich auf Deutschland. Wo sollte ich lieber singen als in dem Land, aus dem meine Lieder kommen, die mich zu dem machten, was ich geworden bin? Leider verzögert sich meine Reise und meine Ungeduld wächst. Ich lebe in meinen Liedern, sie bedeuten mir alles. Wenn man mir daraus einen politischen Vorwurf machen will, wie das hie und da geschieht, das verstehe ich nicht. Da ich Deutschland liebte, dort filmte und sang, war Deutschland immer für mich eine zweite Heimat."
Ihre erste Nachkriegskonzertreise 1948/49 gestaltete sich zu einem Triumphzug, begleitet wurde sie von Michael Jarys 40 Mann starkem Filmorchester.
"... Es ist charmant von ihr, die Deutschen jetzt zu besuchen, wo wir so gar keine Beliebtheit und kein Ansehen genießen, und uns ein paar Lieder vorzusingen, wenn es auch meist sentimentale Lieder sind, die uns erinnern, aber nicht trösten...",
bemerkte dazu die Wochenzeitung Die Zeit am 17. Februar 1949.
Am 5. August 1949 konnte sie endlich auch in ihrer Heimat Schweden in Malmö auftreten.
"...Als der Vorhang auseinanderflatterte, warf sie die rote Mähne zurück, ließ das neue Abendkleid im Licht der Scheinwerfer auffunkeln und begann mit RalphBenatzkys 'Yes Sir!' 1700 Besucher klatschten so begeistert Beifall, dass es lebensgefährlich gewesen wäre, gegen diese Wogen zu schwimmen. Nach 13 Jahren haben wir sie wieder, diese einzigartige Frau mit dieser einzigartigen Stimme. Wir dürfen uns glücklich preisen, dass sie zu uns gehört, obwohl sie hinterher verriet, am liebsten ginge sie wieder nach Deutschland filmen. Mit solchen und ähnlichen Worten feierte die schwedische Presse das Wiederauftreten Zarah Leanders auf den Bühnen ihrer Heimat, genau gesagt im Stadttheater von Malmö. Ihr Erfolg scheint den Bann gebrochen zu haben, in den Schweden seine große Künstlerin getan hatte, als die Mär ausgesprengt wurde, sie sei nicht nur für den deutschen Film, sondern auch für die deutsche Spionage tätig gewesen. Ihr Wunsch, wieder in Deutschland zu filmen, dürfte nicht unerfüllbar sein. Der treue Husar aus dem Norden ist noch immer so zugkräftig wie je, auch wenn sich die Filmehren inzwischen mit Schwiegermutterwürden gepaart haben. In Malmö verabschiedete sich Zarah von den Zuhörern mit Cole Porters Schlagerlied Wunderbar. Dieser versteckte Dank soll die Gemüter bis auf die Schuhsohlen aufgerührt haben..." (Welt, August 1949)
Jetzt war auch der Weg frei für Berlin. Am 14. August 1949 gab sie hier ihre ersten Konzerte.
Vom Volksblatt Berlin wurde sie gefragt:
"... warum sie nach Berlin gekommen sei. Sie sagte lächelnd: Ich liebe mich selbst und wollte mir selbst diese Freude bereiten. Und Michael Jary fügte hinzu, dass Frau Leander Deutschland, das sie berühmt gemacht habe, zu großem Dank verpflichtet sei. Sie liebe Deutschland und wolle deshalb ihren ersten Nachkriegsfilm wieder in Deutschland drehen. Es liegen Angebote aus Hamburg und München vor..."
Das Publikum in der Riesenhalle des Corso-Theaters war am Sonntag genauso von Zarah Leander begeistert wie dasjenige am Abend zuvor in der Filmbühne Wien.
Einer Nachkriegsfilmkarriere stand nun nichts mehr im Wege. Nach mehr als 7 Jahren stand die Leander ab dem 5. Januar 1950 wieder vor einer Filmkamera. Unter der Regie von Geza von Cziffra spielte sie in dem Film 'Gabriela', den die Real-Film, Hamburg, produzierte, eine mondäne Barsängerin mit dunkler Vergangenheit.
Der Produzent Walter Koppel gründete mit seinem Kompagnon Gyula Trebitsch 1947 die Real-Film. Koppel wurde während des 3. Reiches als Linker inhaftiert und hatte die Diktatur im KZ Fuhlsbüttel überlebt. Trebitsch, als Jude von den Nazis verschleppt, erlebte das Kriegsende im KZ Wöbbelin bei Ludwigslust. Ihre leidvollen Erfahrungen mit dem vergangenen Regime waren für sie kein Hinderungsgrund, jetzt den einstigen Ufa-Star Nr. 1 unter Vertrag zu nehmen.
Es wurde ein typischer Zarah-Leander-Film, zusammengebaut aus diversen Erfolgsfilmen der Ufa-Zeit: Einige Szenen erinnern an 'Die große Liebe', andere an 'La Habanera' oder an 'Heimat'. Nur der Star, die Diva, das Leander-Filmgesicht, hatte etwas von der klassischen Filmschönheit eingebüßt: es war sieben Jahre älter geworden. Die ganz große Großaufnahme (neben der Stimme wichtigster Bestandteil und Höhepunkt eines jeden Leanderfilms) war nicht mehr möglich.
Trotzdem strömten die Menschen in die Kinos, wurde dieser erste Nachkriegsfilm (was leider oft unterschlagen wird) von den Besucherzahlen her ein Riesenerfolg.
Der Spiegel berichtete über die Verleihgeschäfte:
..."Die Zarah verkoof ick doch mit zujebundenen Oogen..." sagte ein Verleihagent im Falle 'Gabriela'. Die sonst vorsichtigen Verleihagenten verlangten für den neuen Zarah- Leander-Film nicht einmal Prospekte. Die westdeutschen Kinobesitzer rissen sich förmlich um 'Gabriela'. Mehrere Male wurde der Film gleich zweimal in einer Stadt verkauft. In sämtlichen 42 bundesdeutschen Großstädten geht 'Gabriela' nach der Voraufführung am 6. April in Zürich und Frankfurt, zu Ostern über 50 Leinwände. In Walter Koppels Hamburger Realstudios, in denen dieser teuerste DM-Film von Ceza von Cziffra gedreht wurde, ist man mit den Gabriela-Aussichten zufrieden. Der teuerste äußere Rahmen um den teuren Star hat sich schon gelohnt. Nach den gelungenen deutschen Verleihgeschäften gibt sich die ausländische Kundschaft die Türklinke in die Hand. Verträge mit acht europäischen Ländern sind bereits unter Dach und Fach gebracht. Mit Spanien wird noch verhandelt, und Südamerika zeigt sich hochinteressiert. Man rechnet mit dem notorischen Erfolg einer Zarah- Leander-Geschichte mit obligater Zarah- Leander-Stimme. Beides steht im Drehbuch. Gehobene Gesellschaftskreise und Variete-Garderobe, großes Orchester und Jazzkapelle, Chanson und Wiegenlied. 'Es gibt keine Frau, die nicht lügt' und 'Wenn der Herrgott will'. Alte Leander-Traditionen..."
In den ersten drei Wochen hatten bereits 1.203.694 Kinobesucher den Film konsumiert. In der Jahresbilanz stand er nach Schwarzwaldmädel und Der dritte Mann an dritter Stelle. (Welche deutschen Filme können heute diese Einspielergebnisse vorweisen?) Die Kritiker allerdings waren weniger begeistert. Besonders Zarahs Kostümierung wurde als ungünstig empfunden - die Leander musste manche Häme einstecken. Mit der immer noch faszinierenden, wenn auch inzwischen noch tieferen Stimme, befasste sich kaum ein Rezensent. Vielleicht ahnte damals niemand, dass diese Stimme auch noch dieses Jahrhundert überleben würde.
Die Leander hatte jetzt erst einmal vom Filmen die Nase voll. Da sie sich vor Angeboten von Konzertauftritten aus aller Welt nicht retten konnte, begab sie sich 1951 erstmals auf eine kleine Welttournee.
1952 - In München Geiselgasteig beginnen im September die Dreharbeiten für den zweiten Nachkriegsfilm 'Cuba Cabana'. Diesmal sollte alles anders werden, einmal kein Mutter-Tochter-Drama. Dafür bekommt die Leander als jungen Liebhaber O. W. Fischer (1915) an die Seite gestellt, dessen Karriere sich in dieser Zeit rasant entwickelte. Die Außenaufnahmen fanden in Madrid statt, die spanische Presse feierte den Star, es gab sogar einen Empfang beim Oberbürgermeister. Da Rolf Hansen, Zarah Leanders bewährter Spielleiter aus großer Ufa-Zeit, nicht überzeugt werden konnte, Regie zu führen, übernahm dies Fritz Peter Buch.
Zarah ist immer nur so gut wie das Team, das sie betreut, dieser Satz fällt mir dazu ein. Aber es sind die fünf Lieder, getextet von Bruno Balz, die die Leander zwischen Resignation, Leidenschaft und Sehnsucht vorträgt, die diesen Film heute noch sehenswert machen.
Im Filmecho vom 24. Januar 1953 hieß es dazu u. a.:
"...Der Film, der weder im Thema noch in der Durchführung ganz an die früheren großen Leander-Filme heranreicht, gewinnt allerdings durch Darsteller wie Paul Hartmann und O. W. Fischer eine gewisse Kontur. Um seinen geschäftlichen Erfolg aber braucht kein Theaterbesitzer bange zu sein. Die bisherigen Aufführungen bewiesen, wie sehr der Name der Künstlerin das Publikum in seinen Bann schlägt..."
Aus meiner Sicht endet die Filmkarriere der Leander 1953. 'Ave Maria' ist diesmal wieder ein typisches Leander-Melodram, die Stimme kann sie in zwei gelungenen verruchten Chansons (Text Bruno Balz) und einem zarten Liebeslied voll zur Geltung bringen, dazu zweimal das Ave Maria von Bach / Gounod mit Inbrunst vortragen.
Trotzdem:
"...keiner ihrer Nachkriegfilme wurde von den Einspielergebnissen her ein Misserfolg, obwohl dies fälschlicherweise oft so dargestellt wird..." (Quelle: Jahresbilanz Film-Echo).
Die Filmkarriere war zu Ende. Was früher einem Sakrileg gleichgekommen wäre, war jetzt Fakt: Der Filmstar Leander flimmerte ab 1960 vermehrt über den damals noch kleinen Bildschirm. In Schweden hieß eine Show Madame (1960), in der Bundesrepublik sah man sie 1962 in Zarah Diva (ARD) ihre Lieder vortragen. 1964 spielte und sang sie in dem Musical 'Das Blaue vom Himmel' (ZDF), das der aus der Emigration zurückgekehrte Friedrich Hollaender (Der blaue Engel) komponierte. Für die Leander schuf er zwei wunderbare Chansons: 'Mir war die Liebe immer sosympathisch' und 'Das elektrische Klavier'. Erst 1978 war ihr letzter Live-Fernsehauftritt.
Das Glück der Leander - sie war im Gegensatz zur Garbo nicht nur eine Filmschauspielerin, sie kam von der Bühne und kehrte nun wieder dahin zurück. Sie besaß eine ungeheure Ausstrahlung, eine Bühnenpräsenz, die die Zuschauer schon gefangen nahm, bevor die Stimme erklang.
Am 15. März 1957 gastierte die Leander aus Anlass ihres 50. Geburtstages in dem berühmten Stockholmer Varieté Berns, in dem auch Marlene Dietrich aufgetreten ist. Für diesen Auftritt wurde ihr extra ein Chanson auf den Leib geschrieben: 'Jäg har blivit mycket bättre', zu Deutsch: Ich bin viel besser jetzt in meinen alten Tagen, in dem sie ihre Karriere beschreibt, besingt, belächelt. Zarah Leander machte sich zur Feier des Tages über ihre Lorbeeren von gestern lustig. Diverse Male musste sie den Refrain wiederholen, so begeistert applaudierte das vornehme Stockholmer Publikum. Sie trug ein brillantenbesetztes Spitzenkleid, dazu eine aus Weißfüchsen gearbeitete bodenlange Stola und ein Diamantdiadem als Krone auf dem tizianroten Haupt.
Die Gastspiele mussten immer wieder verlängert werden, und selbst die abgedankte Kaiserin Soraya, die in Köln weilte, ließ es sich nicht nehmen, der Leander zuzujubeln. Aber auch im Stockholmer Varieté Berns war sie nun Jahr für Jahr Stargast. Dazu kamen im Sommer in Schweden Gastspiele in den Volksparks, d. h. Freilichtbühnen, die in Skandinavien Tradition haben.
Auch in der Bundesrepublik, wo sie bisher meistens als Stargast mit Schlagerparaden auf Tourneen war (u. a. mit Ivan Rebroff, René Kollo, Roberto Blanco oder Rudi Carell), wurde sie jetzt von den wenigen Spitzenvarietés, die es noch gab, für eine hohe Gage engagiert. Sechzigmal stand sie dadurch jeweils pro Monat auf den Brettern, die ihr die Welt bedeuteten.
Die Schlagzeilen zu diesen Auftritten lauteten:
"Zarah Leander eroberte Hannover im Sturm. Georg-Palast täglich ausverkauft. Ovationen im Haus Vaterland (Hamburg). Zarah Leander stürmisch gefeiert. Rosen und Tränen um Zarah, immer noch ein großer Star, Zarah Leander gastiert in Aachen. Varieté Kaiserhof Köln: Jubel um Zarah Leander. Das Wunder Zarah Leander."
Von 1958 - 1978 präsentierte sie sich außerdem in Musicals oder Operetten, die teilweise sogar für sie geschrieben und komponiert worden sind, in Wien, München, Hamburg, Berlin, Göteborg und Stockholm einem begeisterten Publikum. Peter Kreuder entwarf die Musik für 'Madame Scandaleuse' (1958 und 1959) und 'Lady aus Paris' (1964 und 1965), die Texte sind von Ernst Nebhut und Karl Farkas, die Lieder, an die man sich erinnert: 'Frauen sind schwer zu durchschauen', 'Ich bin eine Frau mit Vergangenheit' und 'Mich hat die Welt kaltgestellt'. Ohne die Leander wären diese Stücke nie über eine Bühne gegangen.
Dies gilt auch für das Musical 'Wodka für die Königin' (1968 und 1969) von Peter Thomas, Ika Schafheitlin und Helmut Gaur, das der Leander so sehr auf den Leib geschrieben wurde, dass es ohne sie nicht vorstellbar ist. Überlebt hat, da es sich um ein typisches Leanderlied handelt, nur der Song 'Das ist die große Zeit', in dem die Leander ihr ganzes Leidenspathos entfalten kann.
Ein Glücksfall war außerdem ihr Auftritt als Manon Falconetti in 'Eine Frau, die weiß, was sie will' (1960 und 1961) von Oscar Straus mit dem Chanson 'Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben'. In dieser Rolle stand sie schon 1933 in Schweden auf der Bühne. Ihre allerletzte Rolle spielte sie 1975 und 1978 in dem Musical 'Das Lächeln einer Sommernacht' von Stephen Sondheim und Hugh Wheeler. Als eine verflossene Mätresse von Königen hatte sie auch zu sagen:
"Skål auf das Leben und die einzige andere Realität, auf den Tod!"
So weit war es aber noch nicht, obwohl die Altersgebrechen ihres Körpers auf der Bühne nicht mehr zu übersehen waren und in einem krassen Gegensatz zu der immer noch mächtigen Stimme standen. Die Wiener Kritikerin Hilde Spiel registrierte dennoch:
"... Da ist, hinter einem einigermaßen zerrütteten, nachgerade menschenfresserischen Charme jedenfalls Kompetenz und Präsenz zu spüren..."
Vor dieser letzten Bühnenrolle hatte sie sich schon 1973/74 mit einer großen Abschiedstournee von ihrem Publikum verabschiedet. Im Sommer 1978 gastiert sie wieder einmal im Stockholmer Vergnügungspark Gröna Lund, wie immer von ihrem dritten Gatten Arne Hülphers am Klavier begleitet. Nach einem Konzert in der Nacht zum 24. Juli stirbt er an Herzversagen. Erst will die Leander nie mehr auftreten, lässt sich aber überreden, in der schwedischen Inszenierung von Das Lächeln einer Sommernacht nochmals die Rolle der Madame Arnfeldt im Stockholmer Folkan-Theater zu übernehmen, mit der sie 1975 in Wien brillierte. Die Premiere fand am 14. September statt, die Leander wird gefeiert. Am 10. Oktober, vor einer Vorstellung, erleidet sie ihre erste Gehirnblutung. Eine große Karriere findet ihr Ende.
Am 16. Juni 1979 gab Zarah Leander ihre letzte Pressekonferenz. Dort erklärte sie ihren endgültigen Abtritt von der Bühne:
"Ihr werdet mich nie mehr in einer Theaterrolle oder mit einem Mikrofon sehen."
Sie verabschiedete sich mit den Worten aus 'Das Lächeln einer Sommernacht,' ihrer letzten Theaterrolle, die sie wegen ihrer Krankheit aufgeben musste:
"Die Sommernacht hat nur noch ein Lächeln übrig, ein Lächeln für die Alten, Schwermütigen und Einsamen".
Von diesem Lächeln zehrte Zarah Leander in den letzten beiden Jahren. Sie zog sich auf ihr Gut Lönö an der südschwedischen Ostküste zurück und wollte nur noch Besuch von ihrer Familie und ihren allerengsten Freunden. Hin und wieder kam sie auch in ihre Stockholmer Wohnung. Sie war aber an den Rollstuhl gebunden, hatte Sprachschwierigkeiten und musste immer wieder in das Krankhaus zurückkehren.
Am 23. Juni 1981 - kurz vor vier Uhr früh - hat ihr Herz aufgehört zu schlagen. Die Presseagenturen meldeten:
"Die schwedische Filmschauspielerin und Sängerin Zarah Leander ist am Dienstagmorgen in einem Krankenhaus bei Stockholm im Alter von 74 Jahren gestorben. Als Ursache für den Tod der Künstlerin, die Anfang Mai in das Krankenhaus eingeliefert worden war, gaben die Ärzte die Folgen einer Gehirnblutung an."
Noch einmal rauschte es gewaltig im Blätterwald. Alle Publikationen berichteten an herausragender Stelle über ihr Leben und ihre Karriere, schwedische Zeitungen druckten Extrablätter. Einig waren sich alle: Mit ihr starb eine der letzten Diven unserer Zeit.
Am 9. Juli nahm Schweden Abschied von Zarah Leander. Nach ihrem letzten Wunsch sang ihre Freundin Birgit Nilsson Beethovens 'Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre' und 'An die Musik' von Franz Schubert. Ein wolkenloser Sommerhimmel wölbte sich über der Stockholmer Oscars-Kirche, in der Freunde und Besucher Abschied nahmen von Zarah Leander. Weiße Rosen schmückten ihren weißen Sarg.
Biografie in Jahreszahlen und Daten - Nichts als die Fakten -
1907: Am 15.März um 22 Uhr und 16 Minuten erblickte Zarah Leander (auf ihrem Taufschein steht Sara Stina Hedberg, doch bald setzt sich der Name Zarah durch, schon auf ihren Schulzeugnissen) in Karlstad/Schweden als Tochter des Instrumentenbauers und Grundstücksmaklers Anders Lorenz Sebastian Hedberg (1878-1929) und der Hausfrau Mathilda Ulrika, geb. Wikström (1878-1959) das Licht der Welt. Sie ist mit vier Brüdern aufgewachsen: Jonas (1903) Offizier bei der schwedischen Marine, Ante (1905-1985) Antiquitätenhändler, Gustaf (1911-1957) Schauspieler, Sänger und Produktionschef beim schwedischen Film, er war Zarahs Lieblingsbruder, sowie Alle (1912-1963) Direktor bei einer schwedischen Fluggesellschaft.
1911: Klavierunterricht.
1913: Erstes öffentliches Auftreten bei einem Chopin-Wettbewerb.
1914: Schulbesuch bis 1922.
1923: Längerer Aufenthalt bei einer Tante in Riga, hier besucht sie nicht nur eine Haushaltsschule, sondern mit großem Interesse Theater, Kinos und Konzerthäuser.
1926: Erster Besuch in Berlin, um ihren großen Schwarm Fritzi Massary auf der Bühne bewundern zu können. Aufnahmeprüfung an der Königlichen Schauspielschule in Stockholm, fällt prompt durch, lernt aber Ehemann Nr. 1, den Schauspieler Nils Leander (1905-1990) kennen. Heirat am 1. September
1927 : Tochter Boel wird geboren.
1928 - 29: diverse unbedeutende Bühnenauftritte, auch zusammen mit Ehemann Nils, der bereits sehr erfolgreich ist. (Diese Zusammenarbeit wird später von der Leander verdrängt) Am 27. Oktober ihr erfolgreicher Auftritt, den die Leander als ihr eigentliches Debüt ausgibt, bei dem Revuekönig Ernst Rolf mit dem Lied Wollt ihr einen Star sehn, schaut auf mich. Auch zu diesem Auftritt hat ihr Nils Leander verholfen. Tourneen durch Skandinavien folgen. Sohn Göran wird geboren.
1930: Beginn der Film-und Schallplattenkarriere. Am 27. Februar die erste Aufnahme für die Schallplattenfirma ODEON, der Filmauftritt in DANTES MYSTERIEN (Regie Paul Merzbach, 1888-1942) ist noch eine Episodenrolle. Die Zusammenarbeit mit Karl Gerhard (1891-1964) nimmt ihren Anfang. Er setzt sie in den kommenden Jahren immer wieder in seinen Revuen ein.
1931: Der berühmte schwedische Schauspieler Gösta Ekman (1890-1938) verlangt sie als Partnerin für die Rolle der Hanna Glavari in DIE LUSTIGE WITWE von Franz Lehar (1870-1948), erfolgreiche Premiere am 1.September im Konzerthaus von Stockholm. Als sich Max Reinhardt (1873-1943) in Stockholm aufhält, will er sie nach Wien verpflichten. Die Leander ist aber ausgebucht. Ihre erste Hauptrolle in dem Film DER FALSCHE MILLIONÄR ist ihr wichtig. Scheidung von Nils Leander.
1932: Heirat mit dem Journalisten Vidar Forsell (1904-1971), dem Sohn des Intendanten der Stockholmer Oper. Er adoptiert ihre beiden Kinder, die daher nicht den Namen Leander tragen. Ihre Hochzeitsreise führt sie nach Berlin.
1933: Die Operette EINE FRAU, DIE WEISS, WAS SIE WILL von Oscar Straus mit dem Chanson Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben, das die Leander bis zu ihrem Lebensende begleiten wird, bildet den Höhepunkt in diesem Jahr.
1934: In der Kar-Gerhard-Revue singt sie u.a. IM SCHATTEN EINES STIEFELS , ein politisches Lied. Probeaufnahmen für die englische Filmfirma von Alexender Korda am 19. März. Von einem Vertrag muss sie sich später loskaufen. Auch Hollywood meldet sich. Doch sie sagt immer wieder: "Ich möchte in Europa bleiben."
1935: Ihr dritter und letzter schwedischer Film EHESPIELE (Regie:Paul Merzbach), Drehbuch Karl Gerhard, der in Österreich unter dem Titel SKANDAL gezeigt wird, entsteht.
1936:Zarah Leanders wichtigstes Jahr. Sie kann ihre Karriere außerhalb von Skandinavien aufbauen. Max Hansen (1897-1961) schlägt sie für die Hauptrolle in der musikalischen Komödie AXEL AN DER HIMMELSTÜR vor. Die Welturaufführung am 1. September im Theater an der Wien wird ein sensationeller Erfolg, die Musik ist von Ralph Benatkzy (1884-1957) der auf Zarahs Wunsch auch die Musik zu ihrem ersten Ufa-Film schreibt. Denn nicht nur Hollywood (MGM), sondern auch Babelsberg will die Diva unter Vertrag nehmen und sie gibt Berlin den Vorzug. Der Vertrag, den sie am 28.10. unterschreibt, räumt ihr Mitspracherecht bei der Wahl der Drehbücher, Komponisten und mehr ein und bringt ihr bis 1942 1 Million Reichsmark. Bis zum 20. Dezember spielt sie im Theater an der Wien einen berühmten Filmstar und begeistert die Zuschauer mit dem Lied Ich bin ein Star, ein großer Star mit allen Launen, während sie tagsüber ihren ersten deutschsprachigen Film PREMIERE unter der Regie von Geza von Bolvary (1897-1961) dreht, mit den Liedern Merci mon ami und Ich hab vielleicht noch nie geliebt. Uraufführung am 5. Februar in Wien im Buschkino und am 25. Februar im Alhambra und Tauentzien-Palast in Berlin.
1937: Am 19.Februar Ankunft in Berlin. Mit ihren Kindern und ihrem Ehemann wohnt sie bis 1941 während der Dreharbeiten immer in einer Villa am Wildpfad 24 in Dahlem. Ihre Kinder bleiben allerdings ab Kriegsausbruch in Schweden. Am 15.März beginnt sie mit den Dreharbeiten für ihren ersten Ufa-Film ZU NEUEN UFERN (Regie führt Detlef Sierck (1897-1987). Die Uraufführung ist am 31.August, im Ufa-Palast am Zoo. Zarah begeistert mit ihrer dunklen Stimme und ihrem Spiel: Deutschland hat einen neuen Star! Am 18. Dezember kommt schon der zweite Leander-Film in die Kinos, LA HABANERA, ebenfalls unter der Regie von Detlef Sierck, mit dem berühmten Lied Der Wind hat mir ein Lied erzählt. Die Uraufführung ist im Gloria-Palast. Die Dreharbeiten dauern vom 30. September bis zum 13. November, die Außenaufnahmen finden in Teneriffa statt. Die Leander singt Der Wind hat mir ein Lied erzählt in Deutsch, Schwedisch und Französisch. Es werden 24 Millionen Platten verkauft. Ihre Darstellungskunst im Film und ihre Gesangsstimme waren immer grenzüberschreitend. Sie wurde geliebt oder abgelehnt, ihr Leidenspathos berührte die unterschiedlichsten Menschen. Der Jude Viktor Klemperer (1881-1959), Professor in Dresden, von den Nazis aus seiner Professur verjagt, notiert am 30. Januar 1938 in sein Tagebuch über seinen letzten Kinobesuch im Reich:"(---) gestern die HABANERA gesehen mit Zarah Leander, geradezu erschütternd gut." Zur gleichen Zeit genießt in Italien Federico Fellini (1920-1993) die Stimme der Leander. „Immer wenn sie sang, bekam ich eine Gänsehaut. Sie war die Löwin, von der sich ein Mann gerne auffressen lassen würde." (Interview Berliner-Filmfestspiele Februar 1988)
1938: Im Februar beginnen die Dreharbeiten für den Film HEIMAT, ein ehrgeiziges Projekt. Nach einem Bühnenstück von Hermann Sudermann (1857-1928) mit klassischer Musik und vor allem mit einem Partner, dem die Leander bis zum Lebensende tiefsten Respekt bezeugt: "Gab es einen größeren Schauspieler? Ich glaube nicht." Heinrich George (1893-1946) spielt ihren Vater, die Regie führt jetzt und für die nächsten Leander-Filme Carl Froelich (1875-1953). Die Musik komponiert Theo Mackeben (1897-1953 ), die Uraufführung ist am 25. Juni in Danzig, die Premiere in Berlin am 1.September. Dieser Film ist ihr absoluter Durchbruch, er trifft nicht nur das deutsche Herz, auch im Ausland, so wie in ihrer Heimat Schweden, aber vor allem in Frankreich wird die Leander gefeiert. In Paris ist sie jetzt oft zu Gast, Schallplattenaufnahmen werden dort - in französischer Sprache - gemacht. Ingrid Bergman (1915-1982) ,der neue Star aus Schweden, dreht ihren einzigen Film DIE VIER GESELLEN für die Ufa in den Froelich-Studios in Tempelhof. Von Mitte April bis Ende Mai dauern die Dreharbeiten. In einer Kinoszene ist die Leander mit ihrem Lied Tiefe Sehnsucht zu sehen. Diese Aufnahme wurde exklusiv für diesen Film produziert. Ende August beginnen die Dreharbeiten für DER BLAUFUCHS (Regie: Viktor Tourjansky, (1891-1976) mit dem Chanson Kann denn Liebe Sünde sein? Auch dieser Text ist von Bruno Balz (1893-1988), der schon das Lied Der Wind hat mir ein Lied erzählt geschrieben hat. Weitere Texte wird er noch für sie verfassen. Eine tiefe Freundschaft verbindet ihn ein Leben lang mit der Leander. Die Uraufführung findet diesmal am 14. Dezember in Düsseldorf im Apolla statt. Im November erhält die Leander außerdem Besuch aus Hollywood: Cary Cooper, Marlene Dietrichs Lieblingspartner, sucht auch die Leander auf, als er die Studios von Babelsberg besichtigt.
1939: Am 12. Januar hat DER BLAUFUCHS in Berlin im Gloria-Palast Premiere. Anfang Januar beginnen in den Froelich-Studios die Dreharbeiten für ES WAR EINE RAUSCHENDE BALLNACHT, die bis Ende März dauern. Diesmal ist Hans Stüwe (1901-1976) ihr Partner. Uraufführung bei den Filmfestspielen in Venedig am 13. August, zwei Tage später in Berlin. Ab 10. Juni geht DAS LIED DER WÜSTE ins Atelier, diesmal wieder in Babelsberg, wo Berge von Sand aufgeschüttet werden, damit die Leander auf einem Kamel durch die Wüste reiten kann. Regie führt diesmal Paul Martin (1899-1967), der bis dahin Hausregisseur von Lilian Harvey (1906-1968) war.
Von ihren Film-enund Schallplattengagen ist es ihr möglich, Gut Lönö, ein herrlicher,59000 qm umfassenden Landsitz an der schwedischen Ostküste zu erwerben. In Berlin hält sie sich immer nur so lange auf, bis ihre Dreharbeiten abgeschlossen und Schallplattenaufnahmen beendet sind.
Nach Kriegsausbruch stellte die Ufa den Vertrag mit der Leander in Frage. In einem Gutachten heißt es: "- - - dass der Kriegszustand für die Verträge mit Frau Leander ein Ruhen dieser Verträge während der Dauer des Kriegszustandes zur Folge hat, mit der Maßgabe, dass nach Beendigung des Kriegszustandes der Vertrag wieder auflebt --" Zeitweise wird daher in einem neuen Vertrag auf die Auszahlung von 53% in Schwedenkronen verzichtet, Frau Leander muss und soll ihre Gage im Reich ausgeben. Daher kauft sie Antiquitäten für ihr Gut Lönö, die sie 1942 mit Genehmigung der deutschen Behörden nach Schweden ausführt. Am 17. November wird DAS LIED DER WÜSTE im Ufa-Palast am Zoo in Berlin uraufgeführt. Ende November beginnen die Aufnahmen zu DAS HERZ DER KÖNIGIN.
1940: Die Dreharbeiten dauern bis Mitte März, die Uraufführung findet aber erst am 1.November in Hamburg im Ufa-Palast statt, 11 Tage später läuft der Film auch in Berlin. Jetzt kommt die Leander unter die Fittiche eines noch jungen Regisseurs, was ihr gut tut: Rolf Hansen (1904-1990) führt in den kommenden drei letzten Ufa-Filmen Regie.
Die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Michael Jary (1906-1988) ist ebenfalls ein Glücksfall. Die Melodien enthalten nun auch Jazzelemente: Du darfst mir nie mehr rote Rosen schenken, Waldemar, Schiff ahoi u.s.w. Am 15. September beginnen die Außenaufnahmen für DER WEG INS FREIE in Innsbruck und auf dem Gut Dannewald bei Neustrelitz. Die Leser der Schweizer Fllm-Zeitung wählen die Leander neben dem Hollywood- Schauspieler Tyrone Power, (1914-1958) zum Star Nr. 1 in ihrem Land. Die Leander weigert sich erfolgreich Mitglied der Reichsfilmkammer zu werden. Daher muss weiterhin für jeden Film ein Antrag auf "Beschäftigung einer Ausländerin" gestellt werden.
1941: Mitte März sind die Dreharbeiten für DER WEG INS FREIE in den Froelich-Studios in Tempelhof beendet. Danach verbringt die Künstlerin einen längeren Aufenthalt auf ihrem Gut Lönö. Die Uraufführung findet am 7. Mai im Berliner Gloria-Palast statt. Sie ist für längere Zeit in Paris, wo sie viele Freunde hat und synchronisiert ihre Filme, allerdings nur die Gesangspartien. Hier trifft sie u.a. mit Jean Cocteau, der Schauspielerin Cecile Sorel sowie mit dem Tänzer und Ballettmeister Serge Lifar zusammen. Fast ein halbes Jahr ziehen sich nun die Dreharbeiten für den nächsten Film DIE GROSSE LIEBE hin, die am 23.September mit Außenaufnahmen in Rom beginnen. Des Weiteren wird auch in den Wiener Rosenhügel- und den Froelich-Studios in Berlin gedreht. Die Musik steuert Michael Jary bei. Ihr Partner ist Viktor Staal (1909-1982), mit dem sie sich sehr gut versteht, standen sie doch schon in ZU NEUEN UFERN gemeinsam vor der Kamera. Grethe Weiser (1903-1970) spielt Zarahs Zofe. Sie verbindet eine lebenslange Freundschaft, die Zarah viel bedeutet, da sie kaum Freundschaften mit Frauen hat. Die Story des Films ist so angelegt, dass sich die Frauen im dritten Kriegsjahr mit der Leander identifizieren können, Trennungsschmerz und Verzicht werden vorgespielt, aber auch Trost und Hoffnung vermittelt.
1942: Die Dreharbeiten ziehen sich bis zum 18. März hin. Die Uraufführung im Berliner Ufa-Palast findet am 22. Juni statt. Bis zum Kriegsende sahen 27 Millionen Zuschauer den Film. Dem Textdichter Bruno Balz sind die vier Lieder zu verdanken. Besonders Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n, aber vor allem Davon geht die Welt nicht unter werden täglich über den Rundfunk verbreitet. Der Sicherheitsdienst meldet schon am 22. Januar in seinem Lagebericht: “--- dass in letzter Zeit Sendungen, die sich bewährt hätten, so lange gebracht werden, dass die anfängliche Zustimmung in ihr Gegenteil umschlage. Es werde besonders an das häufige Auftreten von Zarah Leander mit ihrem Lied Davon geht die Welt nicht unter erinnert." Dieses Lied konnte demnach nicht nachträglich, d.h. nach Beendigung der Dreharbeiten in den Film eingeschnitten werden, auch wenn es neuerdings so publiziert wird. (Seit 20 Jahren ist der Film als Videokassette im Handel, die Freiwillige Selbstkontrolle hat ihn inzwischen ab 6 Jahren freigegeben.) Die Ufa ist sehr bemüht, die Leander an das Reich zu binden, zweimal wird ihre Ernennung zur Staatsschauspielerin vorgeschlagen, doch Hitler lehnt ab. Am 17. August beginnen in Rom, in den Scalera-Studios, die Dreharbeiten an dem letzten Leander-Film der Ufa: DAMALS. Kameramann ist wie immer Franz Weihmayer (1903-1969), der es bestens versteht, das Leander-Gesicht zu porträtieren. Der italienische Schauspieler Rossano Brazzi (1916-1994) als feuriger Liebhaber ist ihr Filmpartner. Paul Klinger (1907-1971) synchronisiert ihn später. Wie bereits in LA HABANERA , schreibt Lothar Brühne (1900-1958) die Musik und der in die USA emigrierte Ralph Benatzky komponiert auf Zarahs Wunsch ein Lied: Bitte an die Nacht. Die Dreharbeiten werden in den Froelich-Studios fortgesetzt und in Babelsberg beendet. Zarah Leanders letzter Drehtag ist der 8. November. Sie ist fest entschlossen, nicht mehr im Reich zu filmen. In Berlin wird sie vom deutschen, in ihrer Heimat vom schwedischen Geheimdienst überwacht und der Spionage verdächtigt. Als Goebbels ihr die deutsche Staatsangehörigkeit anträgt, verlässt sie Deutschland.
1943: Am 3. März findet die Uraufführung von DAMALS in Berlin, im Capitol am Zoo, statt. Bereits 1941 ist die Leander in die Max-Eyth-Strasse 12b umgezogen. Zur Premiere aus Schweden kommend, will sie mit Kollegen dort feiern. Von einer Brandbombe getroffen, brennt ihr gemietetes Anwesen ab. Dadurch fällt ihr der Abschied von Berlin nicht schwer. Von Sassnitz ( Rügen) fährt sie zurück in ihre Heimat. Ihr Vertrag mit der Ufa geht noch bis zum 31. August. Sie spielt mit der Zeit, lässt sich Drehbücher zuschicken, die sie alle ablehnt. Am 31. August erklärt sie der schwedischen Presse, dass sie von ihrem Vertrag befreit ist. In den deutschen Zeitungen wird sie fortan totgeschwiegen. Nur noch zwei Schlagzeilen erscheinen: "Zarah Leander Freund der Juden" und "Die deutsche Frau kann wieder Atem holen, wir sind von neuen Filmen bewahrt."
1944: In Schweden wird sie jetzt wegen ihrer Karriere in Deutschland heftig angegriffen, obwohl ihre Filme hier monatelang in ausverkauften Häusern laufen. Man war sehr stolz, nach Greta Garbo wieder eine Landsmännin mit einer internationalen Karriere zu haben. Sonderkorrespondenten berichteten von den jeweils großen Erfolgen der Leander in vielen europäischen Ländern. Bis 1940 liefen ihre Filme sogar in Amerika. Nach Stalingrad ändert sich die Stimmung. Karl Gerhard, der Förderer ihrer schwedischen Karriere, versucht sie nun in seiner Herbst-Revue unterzubringen. Doch ihre Landsleute stehen ihr feindselig gegenüber. Aus diesem Grund zieht sich die Leander ins Privatleben zurück.
1946: Filmangebote aus Österreich lassen sich nicht realisieren, da Flüchtlingsverbände dagegen protestieren. Die Leander kümmert sich jetzt intensiv um ihr Gut.
1947/48: In der Schweiz, in St. Moritz, ist sie mit ihren Kindern ein gern gesehener Gast. Ohne ihr Publikum kann die Leander nicht leben, daher singt sie auf ihrer ersten Tournee nach dem Krieg in Italien unter anderem in Rom auch in einem Kino-Vorprogramm. Eine erfolgreiche Tournee durch die Schweiz schließt sich an. In Zürich trifft sie Ralph Benatzky, der nicht vergessen hat, dass die Leander auch während seiner Emigration ihm verbunden blieb. Er vermittelt Schallplattenaufnahmen in Genf. Am 24. und 25. Oktober werden sieben Lieder in Französisch, Englisch und Deutsch aufgenommen.
1948: Scheidung von Vidar Forsell.Eine Tournee durch Italien.In der Schweiz trifft sie Michael Jary und sie planen eine Tournee durch drei Besatzungszonen. Auf einer Pressekonferenz in Zürich erklärt sie: "Ich freue mich auf Deutschland. Wo sollte ich lieber singen als in dem Land, aus dem meine Lieder kommen, die mich zu dem machten, was ich geworden bin?" Ende des Jahres beginnt ihre erste Deutschland-Tournee durch alle großen Städte, begleitet von Michael Jary mit seinem 40 Mann starken Filmorchester. Es wird ein Triumphzug. Sie singt vor ausverkauften Häusern, begeisterte Menschen bedrängen sie und manchmal muss der Verkehr umgeleitet werden. Die Wochenzeitung "Die Zeit" bemerkt dazu: "Es ist charmant von ihr, die Deutschen jetzt zu besuchen, wo wir so gar keine Beliebtheit und kein Ansehen genießen, um uns ein paar Lieder vorzusingen, wenn es auch meist sentimentale Lieder sind, die uns erinnern, aber nicht trösten."
1949: Am 5. August haben auch die Schweden mit ihr Frieden geschlossen. Ihr erstes Nachkriegskonzert findet in Malmö statt. "Nach 13 Jahren haben wir sie wieder, diese einzigartige Frau, mit dieser einzigartigen Stimme. Wir dürfen uns glücklich preisen, dass sie zu uns gehört, obwohl sie hinterher verriet, am liebsten ginge sie wieder nach Deutschland filmen." schreiben die Zeitungen. Dieser Wunsch soll schon bald in Erfüllung gehen. Ein Vertrag mit der Real-Film in Hamburg wird unterschrieben. Vorher singt sie auch wieder in Berlin. In der Filmbühne Wien am Kurfürstendamm sowie im Corso-Theater im Wedding wird sie stürmisch gefeiert. Über Zarah Leander wurde nach 1945 nie ein Auftritts-Verbot verhängt, auch wenn es immer so wieder geschrieben wird. Wer hätte es auch verhängen sollen? Sie konnte allerdings nicht gleich in alle Länder einreisen, wie auch so viele andere damals auch nicht. Für ihre erste Nachkriegstournee musste für jede einzelne Besatzungszone ein Antrag bei den Alliierten gestellt werden. Vorstellungen mussten verschoben werden, Zeitungen berichteten darüber, daraus wurde später ein Auftrittsverbot konstruiert.
1950: Am 5. Januar beginnen in Hamburg die Dreharbeiten für den ersten Nachkriegsfilm GABRIELA. Ihre Filmpartner sind Grethe Weiser und Carl Raddatz, die Musik schreibt Michael Jary (Regie: Geza von Cziffra, 1900-1989). "Der Spiegel" berichtet über die Verleihgeschäfte: "Die Zarah verkoof ick doch mit zujebundenen Oogen" sagte ein Verleihagent im Falle GABRIELA. Die sonst vorsichtigen Verleiher verlangen für den neuen Zarah-Leander-Film nicht einmal Prospekte. Die westdeutschen Kinobesitzer reißen sich förmlich um GABRIELA. In sämtlichen 42 bundesdeutschen Großstädten geht GABRIELA, nach der Voraufführung am 6.April in Zürich und Frankfurt, zu Ostern über 50 Leinwände. In den ersten drei Wochen haben bereits 1 203 694 Kinobesucher den Film gesehen. In der Jahresbilanz steht er nach SCHWARZWALDMÄDEL und DER DRITTE MANN an dritter Stelle. Die Kritiker allerdings sind wenig begeistert. Das Filmgesicht der Leander ist älter geworden, die Kostüme werden als ungünstig empfunden. Mit der immer noch faszinierenden, wenn auch inzwischen noch tieferen Stimme, befasst sich kaum ein Rezensent. Vielleicht ahnte damals niemand, dass diese Stimme auch noch dieses Jahrhundert überdauern würde.
1951: Vom Filmen hat die Leander zunächst genug. Sie geht auf eine" kleine Welttournee". 62 Konzerte in Athen, danach tritt sie in Ägypten, der Türkei auf und dann endlich, nach 15 Jahren, steht sie im Konzerthaus-Saal wieder auf einer Wiener Bühne. Auch hier muss das Konzert mehrmals wiederholt werden. Tagsüber (24. November) nimmt sie mit dem Großen Wiener-Tanzorchester, unter der Leitung von Erwin Halletz, vier Lieder auf u.a.: Du bist der, bei dem´s möglich wär. Leider hat sie in den folgenden Jahren nicht oft das Glück, mit einem großen Orchester und unter der Leitung eines so herausragenden Dirigenten zu arbeiten. Danach folgt eine Südamerika-Tournee mit dem Komponisten Peter Kreuder (1903-1981) nach Brasilien, Chile, Peru und Buenos Aires. Sechs Monate ist sie unterwegs.
1952: Tourneen führen sie durch Skandinavien. Im September beginnen für die Rhombus-Film die Außenaufnahmen in Madrid für CUBA CABANA. Partner und Liebhaber im Film ist O.W. Fischer (1915), dessen Karriere sich in dieser Zeit rasant entwickelt. Regie führt Fritz Peter Buch (1894-1964), der auch das Drehbuch geschrieben hat. Die Musik steuert Heino Gaze (1908-1967) bei, die fünf Liedertexte sind von Bruno Balz. "Zarah Leander in Madrid" lauten die Schlagzeilen. Der Madrider-Oberbürgermeister gibt für die Künstlerin einen Empfang, und sie trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein. Ab Oktober wird bei der Bavaria in München-Geiselgasteig gedreht. Die Uraufführung findet am 19. Dezember im Europa-Palast in Düsseldorf statt.
1953: Immer wieder Konzertauftritte zwischen Stockholm, Wien, Berlin und Zürich. Die Leander ist monatelang ausgebucht. Es geht nochmals nach Griechenland und Südamerika. Trotzdem ist ihr die Filmarbeit immer noch wichtig. Im Sommer beginnen die Dreharbeiten für AVE MARIA mit Außenaufnahmen am Starnberger See, in Finnland und in Hamburg. Gedreht wird auch im Atelier in Bentesdorf sowie in München - Geiselgasteig. Der Modeschöpfer Heinz Oestergaard entwirft ihre Roben. Sie selber hat zu ihren Kostümen ein recht unkompliziertes Verhältnis:" Ich interessiere mich überhaupt nicht für Mode, ich stell mich einfach hin bei einem Schneider und sage ihm, so und nun mach mir was und da kann er machen, was er will." So beantwortete sie einmal die Frage nach ihrem Modegeschmack. Die Regie führt der Rundfunkpionier und zeitweilige Intendant vom S F B, Alfred Braun (1888-1978), die Musik ist von Franz Grothe (1908-1982). Ihr einstiger Filmpartner aus vergangenen Ufa-Zeiten, Hans Stüwe, darf um sie werben. Das Ave Maria trägt die Leander mit Inbrunst vor, aber auch das zarte Lied: Warum ist mein Herz so schwer, wenn die wilden Rosen blühn? schmückt den Film. Eine temperamentvolle Szene (die Auseinandersetzung mit der Zigarettenverkäuferin in der Hafenbar) zeigt, welch ungenutztes Potential in der Leander schlummert. Uraufführung ist am 8. September in der Barke in Hamburg, danach Massenstart.
1954: Im Januar beginnen in Hamburg die Dreharbeiten in den Real-Fim-Studios in Wandsbek für den Film zu Ehren des Komponisten Theo Mackeben, der ein Jahr zuvor gestorben ist. In BEI DIR WAR ES IMMER SO SCHÖN spielt Zarah Leander sich selbst, singt zwei Mackeben-Lieder und agiert in dieser Episodenrolle so gelöst, dass es schade ist, sie nur so kurz zu sehen. Die Regie ist von Hans Wolff (1911-1979). Die Fono-Film startet die Uraufführung am 16. März in Stuttgart, im Universum-Kino. Sie macht eine Tournee durch Japan, und der letzte gemeinsame Auftritt mit Michael Jary findet in Brüssel, im Palast der schönen Künste, am 13. und 14. Februar, statt. Es ist unmöglich, alle Orte zu erwähnen, an denen Leander gastiert. Auf ihrem schwedischen Gut Lönö ist sie höchstens für zwei Monate im Jahr anzutreffen.
1955: 1.März besucht der Autor dieser Zeilen sein erstes Zarah-Leander-Konzert im Kunst- und Kongresshaus in Luzern. Für die Leander ist es ein Jahr ohne Filmarbeit, aber sie steht immer und überall vor ihrem Publikum und wird bejubelt.
1956: Am 27. Januar heiratet sie in Göteborg Arne Hülpers (1904-1978). Er war ein erfolgreicher Dirigent, hatte ein eigenes Orchester, gastierte in den Dreißigerjahren auch in Berlin. Bis zu seinem Lebensende wird er nun die Leander auf ihren Tourneen als Dirigent und am Flügel begleiten.
1957: "Die oberen Zehntausend Schwedens jubelten dem Star begeistert zu", steht im "Stern", als die Leander am 15. März in Stockholms vornehmstem Variete Berns ihren fünfzigsten Geburtstag feiert. Sie trägt ein mit Brillanten besetztes Spitzenkleid, eine aus 24 Weißfüchsen gearbeitete Stola und ein Diamantdiadem auf ihrem feuerroten Haar. Ich bin viel besser jetzt in meinen alten Tagen singt sie in schwedischer Sprache. Diesen Refrain muss sie unter Jubel mehrmals wiederholen. Am 20. Juli tritt sie zum ersten Mal vor 20 000 Besuchern in der Berliner Waldbühne auf. "Ich hab so was Schönes auf der ganzen Welt noch nie gesehen und schäme mich auch nicht der Tränen", sagt sie hinterher. Mit Bertelsmann, später Ariola, wird ein Vertrag geschlossen, um ihre Filmlieder und Chansons neu aufzunehmen. Dies geschieht im Hansa-Studio in Berlin an der Koethener Straße.
1958: Zum ersten Mal seit 1936 liegt jetzt ein Angebot vor, wieder eine Bühnenrolle zu spielen. Nach dem Schauspiel Frau Warrens Gewerbe von George Bernard Shaw hat ihr Peter Kreuder ein Musical auf den Leib komponiert.(Text: Ernst Nebhut ). Am 5.September öffnet sich der Vorhang für MADAME SCANDALEUSE im Wiener Raimundtheater und die Presse jubelt: "Das sensationellste Comeback der vergangenen Jahre." 125 Vorstellungen waren stets ausverkauft. Danach geht es wieder zurück nach Lönö. "So bin ich und so bleibe ich" heißen ihre Memoiren, die vorab sieben Wochen lang in der Bild-Zeitung erscheinen, bevor sie in den Buchhandel kommen.
1959: „Jetzt muss wieder ein Film her“, meinen die Produzenten, aber leider nicht mit Robert Siodmak (1900-1973). Dieses Projekt hat sich zerschlagen. Probeaufnahmen werden wohl in Wien gemacht, aber dabei bleibt es. Wolfgang Schleif (1912-1984) realisiert dafür den Film DER BLAUE NACHTFALTER mit ihr. Die Musik ist von Lothar Olias (1913-1990), Christian Wolff (1938) spielt Zarahs Sohn, die Berolina-Film produziert, gedreht wird in Hamburg-Bendesdorf ab Mai. Inzwischen reißen sich auch die deutschen Variete-Bühnen um ein Leander-Gastspiel, die Jugend strömt, und so ist es nicht verwunderlich, dass auch der letzte Zarah-Leander-Film, ein großer Publikumserfolg wird. Uraufführung ist am 27. August im Theater am Aegi in Hannover. Im November Gastspiel mit MADAME SCANDALEUSE im Berliner Titania-Palast, im Dezember geht es ins Hamburger-Operettenhaus, im März/April gastiert sie damit auch in München (Deutsches-Theater).
1960: Gesangsauftritte durch halb Europa, in Deutschland jetzt vorwiegend in den Varietes Haus Vaterland Hamburg, Kaiserhof Köln, Georgs-Palast Hannover und Femina-Bar Aachen. Obwohl oft zwei Auftritte pro Tag, müssen die Gastspiele verlängert werden. Das schwedische Fernsehen produziert unter der Regie von Manne Grünberger eine einstündige Show unter dem Titel MADAME !, die am 3. September ausgestrahlt wird. Ab 21. Oktober wieder eine Premiere im Wiener Raimundtheater, diesmal mit EINE FRAU,, DIE WEISS, WAS SIE WILL von Oscar Straus, Regie Karl Farkas. "Eine Bombenrolle, der Leander fast auf den Leib geschrieben, zumindest auf beachtliche Teile davon. Das kokette Spiel mit der Verruchtheit, sei´s mit Augenzwinkern, sei´s durch Stimmbandsex, war seit je die Domäne Zarah Leanders, die sich singend und sprechend und in stummen Szenen äußert, die das Dekorative und Pathetische liebt, es aber auch gerne mit Humor würzt. Sie hat Herz und Humor, diese Frau, sie kann eine Unmenge, was die Diven von heute, die weniger attraktiv sind, nicht können, und noch weit mehr als das; sie hat Vergnügen sich zu parodieren und Sinn für Komik und gebietet stets souverän über die Mittel und über die Situation, in der sie sie anwendet." so schreibt Herbert Schneiber im Neuen-Kurier ( Wien. am 25. Oktober).
1961: Nach diversen Tourneen und Schallplattenaufnahmen ein Gastspiel mit EINE FRAU, DIE WEISS, WAS SIE WILL im STORA TEATERN in Göteborg, ab 26 Dezember.
1962: Die Fernseh-Show ZARAH DIVA wird von der ARD am 26. November zur besten Sendezeit um 20 Uhr 15 ausgestrahlt. Unter der Regie von Günter Hassert singt die Leander neue Schlager, umgeben von einem Ballett junger Männer. "Das sind meine Jungs vom Ballett", so kündigt die Leander die Tänzer an. Die Kritiken fallen allerdings nicht immer schmeichelhaft aus.
1964: Der aus den USA zurückgekehrte Friedrich Hoellaender (1896-1976) schreibt für die Leander zwei wunderbare Chansons, Mir war die Liebe immer so sympathisch und Das elektrische Klavier. In dem Singspiel DAS BLAUE VOM HIMMEL, produziert vom ZDF, u.a. mit Karin Baal und Toni Sailer, trägt die Leander die beiden Lieder bravourös vor (Regie: Wolfgang Schleif). Uraufführung ist am 27. November. Das zweite Musical, das Peter Kreuder für die Leander komponiert, LADY AUS PARIS, Text und Regie Karl Farkas, kommt am 22. Oktober im Wiener Raimundtheater zur Uraufführung. Dazu die angesehene Kritikerin Hilde Spiel: "In Wien trat jüngst als LADY AUS PARIS die Leander an die Rampe, mit ihr schienen längst verschollene Premierenbräuche neu erwacht. Blumenkörbe in einer Pracht und Fülle, wie unsere kühle Gegenwart sie kaum mehr kennt, umgaben zuletzt die gefeierte Diva, und als der österreichische Bundespräsident nach dem 60. Vorhang das Raimundtheater verließ, waren die Ovationen noch lange nicht zu Ende. Gleichaltrige Damen im Parkett, denen die Augen vor Rührung übergingen, feinsinnige junge Herren in den Logen, hingerissen von dieser statuesken Erscheinung, dieser mütterlichen Vaterfigur, spendeten Beifall, als wäre ein Kunstwerk, und nicht ein mittelmäßiges Musical, zur Uraufführung gekommen. Mit ein paar Schlagern - das demodierte Wort drängt sich auf - Ich bin eine Frau mit Vergangenheit oder Mich hat die Welt kaltgestellt gab Peter Kreuder der Leander volle Gelegenheit, ihre dunkelsten Töne in den weiten Raum zu entsenden und ihn minutenlang mit ihrem sagenhaften Lächeln, ihrem Händeflattern, ihrer mächtigen Präsenz so völlig auszufüllen, dass man ohne weiteres kapitulierte, dem Phänomen solcher Ausstrahlung kritiklos ausgesetzt." ( F A Z vom 7. November.)
1965: LADY AUS PARIS hat im März im Theater des Westens Premiere, 50 Vorstellungen schließen sich an. Das ZDF sendet am 11. Mai ein Interview mit Felix Kneemöller in der Sendung BLICK ZURÜCK IM FILM, in dem sich die Leander bei ihrem Publikum für die Liebe und Verehrung, die sie überall erfährt, bedankt.
1966: Im Osterprogramm des Sportpalastes ist sie in vier Vorstellungen (32 000 Besucher) wieder einmal zu Gast. Regelmäßig tritt sie auch in der Waldbühne (20 000 Besucher) in Berlin auf und wird bejubelt. Wie jedes Jahr folgen diverse Tourneen. Im Sommer beginnen in Rom und Umgebung die Aufnahmen für ihren letzten Kino-Film: DAS GEWISSE ETWAS DER FRAUEN kommt am 23. November zur Uraufführung. Unter der Regie von Luciano Salce (1922-1989) wirken u.a. Michele Mercier, Nadja Tiller, Anita Ekberg, Romina Power, Elsa Martinelli und der junge Robert Hoffmann mit. Zarah Leander spielt einen ehemaligen Filmstar, dem jetzt eine Helikopter-Fabrik gehört und singt erinnerungssüchtig Eine Frau wird erst schön durch die Liebe.
1967: Zarah Leander will ihren 60.Geburtstag unbedingt in Berlin feiern, obwohl auch Angebote aus Stockholm und Wien vorliegen. Am 15. März gibt sie im Blauen Salon im Sportpalast einen Empfang, und alle kommen, um zu gratulieren. Die Schauspielerkollegen Grethe Weiser, Dagmar Koller und Carl Raddatz, der Boxer Bubi Scholz, der Textdichter Bruno Balz, die Komponisten Werner Eisbrenner, Friedrich Schröder und William Geis. Auch ihre beiden Kinder sind anwesend. Der Regierende Bürgermeister von Berlin schickt Senator Neubauer mit einem KPM-Teller vorbei und natürlich kommt auch ihr Berliner Publikum mit diversen Präsenten. Am Sonnabend, dem 18. März, tritt sie in einer Gala-Vorstellung mit ihren berühmten Liedern im Sportpalast auf. (Davon wird später eine Schallplatte veröffentlicht, die heute auch als CD vorliegt.)
1968: Eine Amerikatournee dominiert dieses Jahr, dabei besucht sie auch die Niagarafälle. Danach beginnen in Hamburg die Proben für das für sie geschriebene Musical WODKA FÜR DIE KÖNIGIN von Peter Thomas, Ika Schafheitlin und Helmut Gauer. Die Uraufführung findet am 14. November im Operettenhaus statt. Wochenlang ausverkaufte Vorstellungen. Den Hauptschlager, Das ist die große Zeit, muss sie in jeder Vorstellung mehrmals wiederholen.
1969: Dieses Lied singt sie auch vor einem Millionen-Publikum am 30.Januar in der Z D F-Show DER GOLDENE SCHUSS mit Vico Torriani. Mehr und mehr bestimmen jetzt Fernseh-Auftritte in Schweden, Österreich und Deutschland ihre Karriere. Die Zeit der großen Filme ist vorbei. Sie scheint dies auch eingesehen zu haben und stellt fest: "Die Hoffnung, im deutschen Film noch einmal so erfolgreich auftreten zu können wie früher, habe ich aufgegeben. Man soll schließlich keine verflossenen Amouren aufwärmen.1958 hatte ich in Wien einen großen Theatererfolg. Von da ab strebte ich wirklich vom Film weg und zu neuen Ufern. Es folgten meine Tourneen." (Aus einem Interview) Der nächste Fernseh-Auftritt ist bei Hans Rosenthal (1925-1987). Er will sie in seiner letzten Sendung GUT GEFRAGT IST HALB GEWONNEN am 11. Mai unbedingt dabei haben. Mit Arne Hülphers tritt sie gegen den Schauspieler Karl-Heinz Böhm (1928) mit Gattin an. Vom 4. September bis zum 10. November gastiert sie mit WODKA FÜR DIE KÖNIGIN im Raimundtheater in Wien.
1972: Das Z D F dreht, über ein Jahr verteilt, in Schweden in Zusammenarbeit mit dem dortigen Fernsehen, die Sendung Willkommen auf Lönö. In vier Jahreszeiten wird Zarahs Landsitz vorgestellt. Es werden Feste gefeiert, Fische gefangen, und natürlich singt die Leander ihre Lieder, dazu ein Auftritt im Sportpalast (der 1973 abgerissen wird) zeigt sie mit ihrem Berliner Publikum. In der um zwanzig Minuten gekürzten deutschen Fassung fehlt Das Lied von der Moldau (Text: Bert Brecht, Musik: Hanns Eisler). ( Inzwischen auf CD erhältlich.)
1973: Zarah Leander bereitet ihre große Abschiedstournee vor, die am 5. September im Konzerthaus in Stockholm beginnt und die sie nach 176 Auftritten durch neun Länder im Frühjahr 1974 beendet. Günther Rühle schreibt dazu nach ihrem Berliner Konzert in der F A Z am 15. November u.a.: "Wer nahm hier Abschied von wem? Berlin von der ‘roten Zarah’ oder der Star von Babelsberg von Berlin? Versteckte Tränen auf beiden Seiten. Von der Bühne, weich, wie ein zartes Gespräch: ‘Ich liebe Berlin’. Aus dem Parkett. ‘Berlin liebt dich, Zarah.’ - und Jubel. Sechs Jahre, zehn Filme, und die Schallplatten haben genügt, um die rothaarige Garbo, die man einst in ihr suchte, zu jenem Star zu machen, der manchen Mannes Traumfigur wurde. Der Glamour, der Pomp. Das freche Lachen von einst: gedrängte Verhältnisse verlangen nach Kompensationen. Auf der kahlen Bühne im Theater des Westens stand nun eine schwer gewordene, sich schwer bewegende Frau. Aber die bekannten Signale sind gesetzt: Das Lächeln, das das flächige Gesicht strahlend überläuft, das rotgoldene Haar, die Dramaturgie mit der Garderobe, weiß, wallendes Goldbrokat, enges Schwarz und das große Dekolleté aus dem Auftrittsvorrat großer Damen. Aber nun alles ohne Scheinwerferhintergrund, ohne Chöre, ohne die Hollywood -Ambitionen des Goebbelschen Filmreichs. (---) Der Einsatz ist ungeheuer. Der tiefe Leander-Ton, der mit dem Ich weiß es wird einmal ein Wunder geschehn laut herausbricht, fährt so dröhnend in den Saal (der Kontra-Alt durch Mikrofon noch einmal verstärkt) und die Wand über die Ränge herauf, dass man meint, die Galerie breche ab, man stürze in den Keller; der Resonanzraum dieser Brust muss so groß sein wie der Raum des Theaters einschließlich Unterbau. Nie habe ich einen stärkeren tiefen Tonschlag gehört als diesen; ein Regiment singender Dragoner ist ein Knabenchor gegen diesen Angriff (---)". Ihre Memoiren unter dem Titel: Es war so wunderbar - mein Leben, erscheinen in deutsch und schwedisch.
1974: Der Journalist Rainer Bertram führt mit Zarah auf Lönö ein sich über mehrere Tage hinziehendes Interview. Im 1. Programm der A R D wird es am 1. Januar 1975, Titel ICH BIN DIE LEANDER, ausgestrahlt. (45 Minuten)
1975: "Ohne Bühne kann ich nicht leben", lautet ihr Credo, deshalb auch in diesem Jahr Fernseh- und Gesangsauftritte. Ab 14. Februar spielt sie außerdem am Theater an der Wien, wo vor fast vierzig Jahren ihre deutschsprachige Karriere begann, die Rolle der Madame Armfeldt in dem Musical DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT nach dem Film von Ingmar Bergman. Text und Musik von Stephe,,n Sondheim und Hugh Wheeler. Dazu die Kritikerin Hilde Spiel: "Da ist, hinter einem einigermaßen zerrütteten, nachgerade menschenfresserischen Charme, jedenfalls Kompetenz und Präsenz zu spüren. (F A Z 18. Februar). Im August in Berlin, während der Funkausstellung in der Z D F Sendung zu Ehren des Komponisten Nico Dostal ( 1885-1981) EIN WALZER ZU ZWEIN, singt sie zwei seiner Lieder aus dem Film DAS LIED DER WÜSTE.
1976: Ein auf mehrere Wochen angekündigtes Gastspiel bei den Wühlmäusen in Berlin muss vorzeitig abgebrochen werden. Das Publikum folgt ihr nicht mehr. Sie ist sich jetzt auch nicht zu schade, auf den sogenannten "Butterfahrten" aufzutreten. Ihre Sucht nach Applaus ist nicht zu stillen.
1977: Auch in diesem Jahr ist sie Gast auf der Berliner Funkausstellung. Marie Louise interviewt sie für ihre Sendung BEGEGNUNGEN und die Leander singt einige Lieder. ( A R D 29. August). Immer wieder und gerne singt sie auch auf den Berliner Tuntenbällen. Diesmal mit Marika Rökk, Vicky Leandros und Jürgen Markus im November in der Hasenheide.
1978: Allerletzter Auftritt in Berlin im Theater des Westens, am 6. und 7. Februar. Fast zwei Stunden steht sie auf der Bühne und singt all ihre Lieder. Danach ein großer Empfang im Hotel Kempinski. Ihr letztes Gastspiel in Deutschland findet im Renitenz-Theater in Stuttgart am 24. Juni statt, wo sie eine Woche lang gastiert ." Gut gebrüllt, alte Löwin!" ruft ihr die Stuttgarter Zeitung am 19. Juni zu. Im Vergnügungspark Gröna Lund, in der Nähe von Stockholm, ist die Leander auch in diesem Jahr, mit Gatte Arne Hülpers am Flügel, wieder zu hören. In der Nacht nach einer Vorstellung erleidet er einen Herzschlag, der sein Leben am 24. Juli beendet. Um ihren Schmerz zu vergessen, tritt die Leander in ihrer Rolle der Madame Armfeldt in der Stockholmer Inszenierung des Musicals DAS LÄCHELN EINER SOMMERMACHT ab September wieder auf und wird von Publikum und Presse gefeiert. Vor einer Vorstellung am 10. Oktober erleidet sie eine Gehirnblutung, die ihre Karriere beendet.
1979: Am 16. Juni gibt die Leander ihre letzte Pressekonferenz in Stockholm. Dort erklärt sie ihren endgültigen Abtritt von der Bühne: "Ihr werdet mich nie mehr in einer Theaterrolle oder mit einem Mikrofon sehn." Sie verabschiedet sich mit den Worten aus DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT, ihrer letzten Bühnenrolle: "Die Sommernacht hat nur noch ein Lächeln übrig, ein Lächeln für die Alten, Schwermütigen und Einsamen."
1981: Am 23. Juni - kurz vor vier Uhr früh - hat ihr Herz aufgehört zu schlagen. Die Presseagenturen meldeten: "Mit ihr starb eine der letzten Diven unserer Zeit." Am 9. Juli nahm Schweden Abschied von Zarah Leander. Nach ihrem letzten Wunsch sang ihre Freundin Birgit Nilsson Beethovens 'Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre' und 'An die Musik' von Franz Schubert. Ein wolkenloser Sommerhimmel wölbte sich über der Stockholmer Oscars-Kirche, in der Freunde und Besucher Abschied nahmen von Zarah Leander. Weiße Rosen schmückten ihren weißen Sarg.