P A U L S E I L E R
✶ 1936 in Bern - † 2017 in Berlin
Paul Seiler nahm 1956 in Bern bei Margarethe Schell-Noé (der Mutter von Maria Schell) seinen ersten Schauspielunterricht. Nach dem Wehrdienst siedelte er 1958 nach Berlin über, wo er drei Jahre die Max-Reinhardt-Schule unter der Leitung von Hilde Körber besuchte. Abschluß 1961, danach Engagements in Berlin, Hamburg, Neumünster und Bern. Dank einer Tournee stand er auch in München, Graz, Salzburg und Wien auf den Brettern, die für ihn die Welt bedeuteten. Trotzdem ließ er sich 1970 umschulen und arbeitete bis 1991 in einer Klinik der Freien Universität.
Rundfunk- und Fernsehsendungen
23. Oktober 2013 ARTE, 28, Juli 2014 ARD: "Die Akte Zarah Leander" Filmportät von Simone Dobmeier, Torsten Striegnitz
März 2013 ARD-Fernsehen:" Duelle: Marlene Dietrich gegen Zarah Leander" Ein Film von Michael Wech
2008 WDR-Hörfunk: "... und mein Herz pochte unentwegt"
März 2007 Interview für die B B C
März 2007 Interview für das MDR-Fernsehen: " Dabei ab zwei"
März 2007 Interview für Salzgeber Medien GmbH zu dem digitalisierten Film Premiere
2006 Interview für die Murnau-Stiftung als Beilage einer DVD-Box
Oktober 2001 ARD "Legenden" von Anette Plomin
August 2001 MDR-Fernsehen "Donnerwetter"
März 2001 ZDF - Fernsehen Hitlers Frauen von Guido Knopp
Dezember 2000 Arte - Fernsehen "Ich sag nicht ja, ich sag nicht nein": Zarah Leander - Themenabend
Oktober 2000 Nordgay-Radio Eine Legende
Dezember 1999 MDR-Rundfunk Traumfabrik Babelsberg
März 1999 ARD - Fernsehen Nachtjournal
März 1999 SFB-Fernsehen Abendschau mit Raiko Thal
März 1999 SFB-FernsehenTicket
März 1999 ZDF - FernsehenNachtjournal
Januar 1998 Sat 1 - Fernsehen Abendjournal
August 1997 NDR-Fernsehen Das! mit Bettina Tietjen
August 1997 ZDF - FernsehenHallo Deutschland mit Steffen Seibert
März 1997 SFB-FernsehenAbendschau
März 1997 FAB-FernsehenMagazin
März 1997 SFB-FernsehenTicket
März 1996 ORB-Fernsehen Abendjournal
1995 ARD - Fernsehen Die UFA von Michael Strauven und Knut Elstermann
Januar 1995 Radio 50 plus "Nachtbus" mit Christel Seiffert
Dezember 1994 Radio Brandenburg "Nachtclub" mit Knut Elstermann
November 1994 1 A FernsehenNachtjournal
Juni 1994 Radio 50 plus "Plüschsofa" mit Editha Kloster
September 1993 VOX - FernsehenNachmittags-Talk
August 1993 NTV - Fernsehn
August 1993 Sat 1 - FersehenMorgenmagazin
August 1993 SFB-FernsehenAbendschau
August 1993 ZDF - FernsehenLänderjournal von Bernd Kungel
Juni 1993 Deutsche-Welle-FernsehenKultur aus Deutschland
März 1993 MDR-Fernsehen "Diva" mit Carmen Nebel
1992 ARD - Fernsehen "Die UFA" von Hartmut Bitomsky
September 1991 Südwestfunk-Fernsehen "Die Montagsmaler" mit Siggi Harreis
Juni 1991 FAB-Fernsehen Stars und Streifen von Alexander Bottlenberg
Juni 1991 Tele 5 - FernsehenFrühstücksfernsehen mit Thomas Ohrner
April 1990 ARD - Fernsehen "Wahlbekanntschaften II "mit Dietmar Mögenburg
März 1990 ARD - Fernsehen "Wahlbekanntschaften I "mit Cornelia Froboess
Dezember 1989 MTV-MusikkanalTrans-Euro-Express über Berlin
November 1989 Südwestfunk-Fernsehen "Pluspunkte" mit Claus J. Gadatsch
August 1988 Radio ZürichZarah Leander Porträt
Dezember 1986 ARD - Fernsehen "Alles oder Nichts" mit Max Schautzer
Oktober 1984 Rias-RundfunkOverkaempings Gästebuch
Oktober 1984 Television Suisse Cinema Special: Zarah Leander -Themenabend
September 1984 Rias-Rundfunk "Kudamm" mit Barry Graves und Waldemar Overkaemping
Juni 1984 WDR-Fernsehen Gesucht-Gefunden mit Sonja Kurowsky
April bis November 1984 Dreharbeiten zu der Film-Dok. "Mein Leben für Zarah Leander" von Christian Blackwood, in Berlin, München, Wien , Lugano sowie in New York.
Lief 1986 bei den Filmfestspielen in Toronto, 1987 zweimal bei Festivals in New York, ab November 1985 in Deutschland in diversen 3. Programmen und der ARD, 1986 in Österreich sowie 1987 in Finnland.
Juni 1983 NDR-FernsehenBücherjournal von Ulrich Schwarz
Oktober 1982 Rias-Rundfunk Kudamm mit Barry Graves
Paul Seiler organisierte in den letzten drei Jahrzehnten mehrere Ausstellungen und Filmwochen, 1984 drehte er mit dem amerikanischen Regisseur Christian Blackwood eine Film-Dokumentation unter dem Titel:
'Mein Leben für Zarah Leander' |
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- Drei Bilder Paul und Zarah Leander - | - Filmplakat - | - Gedenktafeln für Michael Jary und Bruno Balz - |
Dieser Film lief 1985-86 in New York, im September 1986 bei den Filmfestspielen in Toronto, während eines Homo-Festivals im Januar und im Rahmen einer Douglas-Sirk-Retrospektive im Juni 1987, wiederum in New York. In Österreich, Skandinavien und der Bundesrepublik lief der Film zwischen 1985 und 1987 mehrmals im Fernsehen.
Seine Ansprachen zu Ausstellungseröffnungen
2004 in Potsdam und 2003 in Düsseldorf
Paul Seilers Rede vom 01.05.2004 anlässlich der Zarah Leander Ausstellungseröffnung im Filmmuseum Potsdam.
Wenn man in meinem Alter 50 Jahre zurückblickt, ist es immer auch etwas mit Wehmut verbunden: Aber ich will es versuchen. Meine Damen und Herren, verehrte Frau Dr. Dalichow, sehr geschätzter und lieber Friedemann Beyer (Murnau-Stiftung), sehr geehrter Herr Knop, liebe Museumsmitarbeiter und liebe Zarah-Freunde, seit 1953 habe ich circa 3000 Kinofilme konsumiert, denn in der damaligen Zeit war es üblich in der Woche mindestens zweimal ins Kino zu gehen. Das Fernsehen war zwar schon erfunden, aber hatte sich noch nicht durchgesetzt und so sah ich in meiner Heimatstadt Bern Filme aus Frankreich, Italien, England, den USA und natürlich auch aus der Bundesrepublik und lernte so fast alle wichtigen Schauspieler und Regisseure der damaligen Zeit kennen. Der Hunger nach Bildern und dem intimen Anteil nehmen an menschlichen Schicksalen, machten mich Kino süchtig. Diese Sucht ist geblieben, heute gehe ich leider recht selten ins Kino, trotzdem haben mich dort in letzter Zeit Filme wie 'Lola rennt' sehr bewegt. Was hat dies aber alles mit Zarah Leander zu tun? Wie wir wissen, gibt es nur 17 absolute Leander-Filme und so läßt es sich daher leicht ausrechnen wie gering in Prozenten ausgedrückt, die Leander in meinen Kinoerlebnissen vorkommt.
Aber als ich aber am 1. Januar 1954 zum ersten Mal via Kino mit der Leander konfrontiert wurde, war ich mehr als nur beeindruckt, es war vor allem diese geheimnisvolle dunkle Stimme die mich aufs tiefste berührte, einer Stimme voller Pathos, mit der sie in dem gleichnamigen Film voller Inbrunst das Ave Maria vortrug, sowie ein zartes Liebeslied und zwei kokette Chansons, die mir danach nicht mehr aus meinem Gehörgang gingen. Ihre majestätische Erscheinung, sowie das schöne Filmgesicht trugen dazu bei, dass ich mich in der folgenden Zeit zu einem Sammler entwickelte. Jedes Titelbild, jede Starpostkarte wurden von mir wie Reliquien behandelt und außerdem konnte ich ihre Stimme auf Platten erwerben, Schellack Schallplatten, die ich nur sparsam abspielte, um dadurch die Wiedergabequalität möglichst lange erhalten zu können.
Am 1. März 1955 gab die Leander ein Konzert in Luzern und die Vorstellung die Filmfigur jetzt live erleben zu können, brachte mich fast um den Verstand. Mit klopfendem Herzen, das meine Halsschlagadern fast zum platzen brachte, überstand ich den Leander-Gesangauftritt und eilte danach um das Konzerthaus, betrat verbotenerweise den Bühnenausgang und stand unvermittelt der Göttlichen gegenüber, die sich in einem Pulk von Männern befand und mich, durch ihre unvermeidliche Sonnenbrille nicht bemerkte. Daher zupfte ich sie an ihrem Nerzmantel und bat um eine Autogramm. Diese Szene wurde von einem Pressefotografen festgehalten, jetzt bat ich jenen um einen Abzug, inzwischen war aber die Diva verschwunden. ‚Das soll‘s schon gewesen sein‘ dachte ich mir, und mutig geworden brachte ich am nächsten Morgen einen Frühlingsstrauß in ihr Hotel und erwartete danach bei klirrender Kälte auf der Strasse die Abfahrt der Leander. Aus dem Hotel tretend kam sie mit den Blumen im Arm auf mich, der ich wie versteinert dastand, zu und fragte „Sind diese Blumen von ihnen?" Danach bedankte sie sich artig und ich stotterte in meinem damals noch schwerfälligen Hochdeutsch ihr ein Kompliment unterbreitend: „Sie machen den Menschen auf der ganzen Welt mit ihren Liedern und Filmen so große Freude" worauf sie erwiderte: „Was machen Sie beruflich?" - „Ich webe Teppiche" - „Sehn Sie", meinte darauf die Leander, „auch sie machen Menschen mit Ihrer Arbeit Freude". Der Star und sein Verehrer standen sich unerwartet auf gleicher Augenhöhe gegenüber, dieses Gespräch brachte mich ihr so nahe und habe diesen Augenblick nie vergessen. Sie stieg in ihr Auto und ich sehe noch heute den weißen Handschuh mit dem sie mir winkte. Viele Briefe habe ich ihr in der Folgezeit geschrieben, von einem besitze ich noch die Abschrift und da steht u. a. auch „Ich könnte für sie sterben". Diese Liebe und diese Leidenschaft waren echt, ich wußte aber auch, es wird und kann nie mehr einen Künstler geben, auch wenn ich von dessen Leistung noch so fasziniert sein würde, dem ich mich so unmittelbar und offen werde mitteilen können. Auch ein Verehrer kann sein Herz nur einmal verschenken und deshalb gehörte und gehöre ich nie zu den Menschen die sich heute von diesem und morgen von jenem Star Autogramme erbitten. Auch glaube ich fest daran, die Leander hat diese Aufrichtigkeit gespürt. Im Dezember 1956, als ich zu ihrem Konzertauftritt im Sportpalast nach Berlin reiste und ihr danach zum zweitenmal gegenüberstand, hat sie sich mit einer Widmung für meine Treue und für meine Verehrung bedankt.
Aus beruflichen Gründen bin ich 1958 nach Berlin gezogen, hier habe ich drei Jahre die Max-Reinhardt-Schauspielschule unter der Leitung von Hilde Körber besucht, der ich auch unendlich viel zu verdanken habe, ich erwähne dies nur, weil sie in dem Leander-Film , den wir heute sehen können, auch mitspielt. In den folgenden 10 Jahren bin ich der Leander daher oft begegnet, sie weilte in dieser Zeit viel in Berlin und ich habe sogar die Schule geschwänzt um ihr nahe sein zu können. Im Schallplattenstudio konnte ich für sie Kaffee kochen, durfte während der Schallplattenaufnahme für das Lied an ihrer Seite stehen, „aber du darfst dich nicht rühren" wurde ich zuvor ermahnt, bei Premierenfeiern saß ich an ihrer Seite und die Körber bemerkte zu meiner Schulschwänzerei „Immer wenn ich in der Zeitung lese, dass die Leander in Berlin weilt, treffe ich dich nicht in der Schule, so kann es nicht weitergehen" Trotzdem konnte ich sie im Januar 1959 überreden, mit mir gemeinsam einem Leander Gesangsauftritt in der Deutschlandhalle beizuwohnen und wir haben danach einen wunderbaren Abend mit Zarah in deren Hotel verbracht. Mir war es eigentlich unangenehm, dass die Leander nun wußte, dass es mich zur Bühne zog. In dem 1959 gedrehten Film suchte sie danach vergebens im Drehbuch nach einer kleinen Rolle für Paulchen, wie sie mich inzwischen nannte, zuvor hatte sie in ihrem Hotel mit mir Probeaufnahmen gespielt. Ja, sie hat mit mir auch immer etwas herum gespielt, hat sich über meine Schüchternheit und meine Ungeschicklichkeit amüsiert, aber es hatte nie etwas Verletzendes gehabt. Sie hat mir aber auch vertraut, einmal wollte sie von mir wissen was ich von bestimmten Menschen halte und hat sich danach gerichtet. Sie hat mir manchmal Aufträgen zugewiesen, so bat ich in ihrem Namen den SFB um einen Mitschnitt ihres Weihnachtsauftritts im Sportpalast aus dem Jahre 1960, ein anderes Mal schickte sie mich zu einem Journalisten, über dessen negative Kritik sie sich geärgert hatte, ich sollte ihm meine Meinung sagen und ich hab‘s gerne getan. Sie hat mir auch auf den Weg gegeben, nicht alles zu glauben was über sie gedruckt wird. Dieses Credo habe ich beherzigt und es beflügelt mich noch heute zu meiner Arbeit.
Ab 1967 habe ich die Leander für viele Jahre aus den Augen verloren und es hat mir gut getan. Jahrelang hörte ich mir nicht ihre Lieder an, besuchte keine Konzerte und sah sie in keinem Film. Mir standen jetzt die Lieder der Beatles oder die Musik von Pink Floyd näher. Erst nach ihrem Tod wurde ich wieder für sie aktiv, und dies sind jetzt immerhin auch schon 23 Jahre. Oft wollen Journalisten meine Beziehung zur Leander als Freundschaft bezeichnen, aber ich widerspreche heftig und vermerke, sie hat mir zeitweise vertraut und dies erfüllt mich noch heute mit Genugtuung.
Paul Seilers Rede vom 12.12.2003 in Düsseldorf, anlässlich der "Zarah Leander" Ausstellungseröffnung im Filmmuseum.
Zarah Leander war kein Superstar, sondern schlicht und ergreifend nur ein Star, aber ich frage mich, an welchen dieser „neuen“ Superstars wird man sich dreiundzwanzig Jahre nach dessen Ableben noch erinnern, und ihm gar eine Ausstellung widmen, wie es jetzt das Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf für Zarah Leander tut. An dieser Stelle wollte ich mich eigentlich bei der Leiterin Frau Dr. Lenk und ihrer Mitstreiterin bedanken, aber ich kann es nicht, ich halte die Ausstellung für nicht gelungen, und ich will es auch begründen:
Mein Archiv aus dem Filmmuseum Potsdam wurde in die Ausstellung mit einbezogen, d.h. es wurde sogar mein Archiv-Zimmer nachgebaut, aber auf meine Beratung wurde verzichtet mit der Begründung, man habe eine andere Sicht auf das Leben und Wirken der Künstlerin, und müsse auch einen pädagogisch-wissenschaftlichen Auftrag erfüllen. Meine Frage, haben dies die öffentlich rechtlichen Fernseh-Anstalten nicht ebenfalls zu leisten, darauf weise ich nur hin, da ich in den vergangenen Jahren vom ZDF, der ARD und ARTE für deren Leander-Porträts zu Rate gezogen wurde.
Aber ich tu ihnen jetzt nicht den Gefallen und spiele hier die beleidigte Leberwurst. Doch in den vergangenen Jahren habe ich aber erfahren müssen, wie Unwahrheiten, die ich durch meine jahrelangen Recherchen längst widerlegt habe, immer wieder benutzt werden, um die Leander zu instrumentalisieren. Dies geschieht am besten, indem man ihr immer wieder den Hitler auf den Rücken bindet.
In meiner Leander-Homepage, habe ich extra ein Kapitel 'Gerüchte' eingerichtet, und diverse Autoren mit ihren Veröffentlichungen vorgestellt, ihre Thesen widerlegt und noch keiner hat sich deswegen bei mir beschwert.
Doch nun zu der Ausstellung:
Es fängt schon beim Flyer an, warum habe ich nicht die Möglichkeit gehabt, ihn vor Drucklegung durchzusehen?
Ich finde es schon gewagt zu behaupten, nur in der letzten Ehe habe die Leander ihr Glück gefunden. So etwas würde ich mir nie wagen zu behaupten, obwohl ich mich in der Leander-Familiengeschichte etwas besser auskenne und ich frage mich, sieht so eine pädagogisch-wissenschaftliche Arbeit aus?!
Falsche Jahreszahlen kann man ev. noch unter "Druckfehler" abbuchen, aber ich habe immer wieder auf die Düsseldorfer Uraufführung des Films DER BLAUFUCHS am 14. Dezember 1938 hingewiesen, die diesmal nicht in Berlin stattfand, da musste man bis in den Januar hinein warten, und deshalb ist es mir unverständlich, jetzt unter dem Blaufuchs-Bild die Jahreszahl 1941 zu lesen.
Den Ufa-Vertrag hat sie nicht 1937 unterschrieben, sondern am 28.10.1936 in Wien, auch diese Daten habe ich Ihnen nochmals aufgelistet, obwohl sie auch aus meinen Büchern ersichtlich sind. Und ich beziehe alle meine Daten und Fakten aus dem Bundesarchiv in Berlin.
Jetzt wird es ganz ärgerlich, wenn Sie behaupten, und dies ist kein Druckfehler, die Leander sei ein gern gesehener Gast auf den Empfängen der Machthaber des Dritten Reichs gewesen.
Bitte belegen Sie diese Behauptung mit Fakten, kommen Sie mir nicht damit, sie haben es irgendwo mal gelesen Ich habe irgendwo auch schon viel Unsinn gelesen, nein, es passt einfach in ihr Konzept, dies finde ich mehr als unseriös.
Guido Knopp nannte sein Zarah-Porträt zu unserem Leidwesen "Hitlers Frauen", und obwohl er die Archive in halb Europa durchsuchen lies, ist ihm kein Bildmaterial in die Hände gefallen, die den Titel der Sendung untermauert. Aber es ist trotzdem ein sehr interessantes Porträt geworden, wie übrigens auch die Sendung "Legenden" in der ARD, dies sage ich nicht nur, da ich auch da beratend mitwirkte, sondern weil alle Aspekte der damaligen Zeit berücksichtigt wurden.
Hinterfragen, eingefahrene Meinungen auch mal in Frage stellen, dies verstehe ich unter wissenschaftlich arbeiten. Es gibt so viele Quellen und Aussagen von Zeitzeugen die belegen, dass die Leander ihrer Karriere wegen und der Menschen die sie hier und auf der halben Welt liebten, bis 1942 in Deutschland arbeitete. Sie leiten daraus die Frage ab, ob sie eventuell doch eine Sympathisantin des Regimes gewesen sei.
Die Schauspiel- und Gesangskunst der Leander wurde auch von Gegnern des Regimes als tröstend empfunden. Es ist mir gelungen, den Juden Gary Phillip in der Knopp-Sendung über seine leidvollen Erfahrungen berichten zu lassen mit der Feststellung, dass ihn Leander-Lieder die er und seine Leidensgenossen heimlich im KZ sangen, getröstet haben.
Trost durch die Leander erfuhr auch der, von den Nazis verjagte Jude, Viktor Klemperer, Professor in Dresden, der über seinen letzten Kinobesuch im Reich in seinen berühmten Tagebüchern am 30. Januar 1938 schreibt: "... gestern die HABANERA mit Zarah Leander gesehen, geradezu erschütternd gut."
Zur selben Zeit genießt in Italien, der später berühmte Regisseur Federico Fellini die Stimme der Leander: "Immer, wenn sie sang, bekam ich eine Gänsehaut, sie war die Löwin, von der sich ein Mann gerne auffressen lassen würde" sagte er in einem Interview bei den Berliner-Filmfestspielen 1988.
Diese Anmerkungen musste ich machen, um zu belegen, dass diese Fakten nicht in ein Ausstellungskonzept passen, das die Leander-Karriere bzw. deren Wahrnehmung, auf das Dritte Reich reduzieren will. Die selbstgerechten Nachgeborenen, tragen oft wenig zu einem differenzierten Bild bei, wenn es darum geht darüber nachzudenken, wie unsere Eltern und Großeltern diese leidvolle Zeit überstanden haben.
Zarah Leanders Karriere kann ich nur erklären und begreifen, ich meine im politischen Sinn, indem ich sie nicht auf das damalige Deutschland reduziere, sondern Europa und die Lebenswirklichkeit dieser Zeit versuche zu begreifen. Dabei fallen mir auch immer wieder drei Namen ein: Ingrid Bergman, Gary Cooper und Jean Cocteau.
Ingrid Bergman, der neue Star aus Schweden, und spätere Casablanca-Darstellerin, drehte 1938 ihren ersten deutschsprachigen Film für die Ufa in Berlin.
In DIE VIER GESELLEN ist die Leander in einer Kinoszene, die eigens für diesen Film gedreht wurde, mit ihrem Lied Ich hab eine tiefe Sehsucht in mir, zu sehen.
Gary Cooper, Marlene Dietrichs Lieblings-Partner, besuchte 1938 die Ufa-Stadt in Babelsberg. Bei dieser Gelegenheit lernte er auch Zarah Leander kennen, die Bilder von diesem Treffen gingen damals um die halbe Welt.
In Frankreich war die Leander besonders populär, wie die vielen Titelbilder belegen und zwar schon ab 1938. In Paris synchronisierte sie ihre Filme, allerdings nur die Gesangspassagen, besang Schallplatten in französischer Sprache, verkehrte in Künstlerkreisen und wurde auch von dem Dichter Jean Cocteau empfangen.
Zarah Leanders Wahrnehmungs-Horizont bewegte sich folge dessen zwischen Berlin, Zürich, Stockholm und Paris. Zwischen ihren Ufa-Kollegen, ihren Pariser-Freunden, Gary Cooper - hier wage ich sogar zu behaupten, sie war länger mit ihm zusammen, als in ihren sechs Berliner Jahren mit Hitler -, die Stockholmer
Freunde sollen nicht unterschlagen werden, besonders Karl Gerhard, ein erklärter Hitler-Gegner. In Schweden liefen alle ihre Filme, auch nach Kriegsausbruch, vor ausverkauften Häusern. Das neutrale Schweden hatte ein gutes Verhältnis zum Hitler-Staat, besonders wirtschaftlich. Man war außerdem stolz, nach Greta Garbo wieder eine Landsmännin in einer internationalen Karriere zu sehen.
Die Leser der Schweizer Film-Zeitung wählten die Leander, neben dem Hollywood-Star Tyrone Power, 1940 zum beliebtesten Filmstar.
Und nun frage ich Sie, meine Damen und Herren, muss das nun alles aus pädagogisch-wissenschaftlichen Gründen unterschlagen werden? Meine Sicht auf die Dinge ist sicher auch emotional geprägt, aber meine Aussagen beruhen auf Fakten.
Noch nie hat ein Kritiker zu meinen Büchern sagen müssen, sie enthielten Unwahrheiten. Einen Vortrag könnte ich ihnen jetzt aber halten, wenn ich auf all die Publikationen und Zeitungsartikel eingehen würde, wo gesagt werden muss, „zu 70% frei erfunden“.
Wäre es nicht auch die Aufgabe eines Filmmuseums gewesen, aufzuklären, Licht ins Dunkle zu bringen,
anstatt längst widerlegte Unwahrheiten weiterhin am Leben zu halten.
Leider wird es jetzt noch ärgerlicher. Obwohl ich in einem Vorgespräch mit einer Ausstellungsvorbereiterin darauf hingewiesen habe, dass über die Leander nie ein Auftrittsverbot verhängt wurde, wird dieser Unsinn sogar im Austellungs-Flyer erzählt.
Da man keine Liebesbriefe an Goebbels gefunden hat, und auch keine Bilder mit Hitler vorlegen kann, will man zumindest suggerieren, eine Anklage lag vor, vielleicht sogar vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg. Es gibt auch keine Briefe die sie mit "Heil Hitler" unterzeichnet hat, im Gegenteil, sie hat sich sogar geweigert in die Reichsfilmkammer einzutreten, mit dem Nachteil, dass für jeden Film ein Antrag zwecks Beschäftigung einer Ausländerin gestellt werden musste.
Es muss festgestellt werden, keine Leander-Liedzeile, kein Leander-Film ist verboten, DIE GROSSE LIEBE ist inzwischen sogar ungekürzt ab 6 Jahre freigegeben und es wurde ihr von keiner Institution, weder in Schweden noch in Deutschland untersagt, nach 1945 ihren Beruf auszuüben. Da man der Leander aber unbedingt was anhängen will, geht man nach dem Motto vor: Ist der Ruf erst ruiniert, lügt es sich völlig ungeniert.
Peinlich wird es für mich als Schweizer jetzt, Ihnen meine Damen sogar noch Geschichtsunterricht geben zu müssen.
Aber ich mache es aus pädagogisch-wissenschaftlichen Gründen:
Als die Leander im Herbst 1948 ihre Tournee durch die vier Besatzungszonen begann, gab es noch kein Deutschland, das ihr dies hätte verbieten können. Die Bundesrepublik wurde erst 1949 gegründet. Fragen sie doch bitte mal bei dem verehrten ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker nach, ob er als junger Mann, ohne Anträge bei den verschiedenen Militärbehörden zu stellen, sich durch die verschiedenen Zonen oder gar durch Europa bewegen konnte.
Warum sollte es der Leander anders gehen?
Ihre erste Nachkriegstournee wurde im Saarland, das damals noch zu Frankreich gehörte, vorbereitet.
Einreiseanträge mussten an die verschiedenen Militärbehörden gestellt werden, die sich unterschiedlich Zeit nahmen mit dem Erteilen einer Einreise- und Auftrittsgenehmigung. Daher wurden schon angekündigte Auftrittstermine verschoben, aber kein Auftritt wurde untersagt. Zeitungen haben verschobenen Konzert-Termine berichtet, und so ist es zu der Legendenbildung eines Auftrittsverbotes gekommen. Allerdings konnte die Leander nach 45 nicht gleich in alle Länder einreisen, aber wer konnte das schon. Alles auf meinen Internet-Seiten, bzw. in meinen Büchern nachzulesen, aber da wollten sie sich ja nicht bedienen und nun bitte ich Sie, mir Ihre Quellen zu nennen.
Tatsächlich habe ich in meiner ersten, 1982 erschienenen Leander-Publikation, eine als Zitat gekennzeichnete Text-Passage verwendet, in der auch von einem Auftrittsverbot die Rede war. Man müsste aber wissen, dass Zitate nicht immer die Meinung des Autors wiedergeben, außerdem habe ich ihn den vergangenen zwanzig Jahren mit vielen Zeitzeugen gesprochen, Archive aufgesucht, die die eben erwähnten Fakten belegen.
Da die Leander aber auf ihre Nazi-Zeit reduziert wird, lesen wir zu ihrer immerhin noch dreißig Jahre dauernden Nachkriegs-Karriere: "Ab 1949 gastiert sie wieder in Wien und der Bundesrepublik, dreht kaum noch Filme und tritt im Fernsehen auf".
Dazu folgendes:
Alle ihre Filme fanden noch ein Millionen-Publikum und wurden in viele Länder dieser Erde verkauft. Sie unternahm Konzerttourneen die oft Monate dauerten, das waren noch keine Abschiedkonzerte, die begannen erst ab 1973.
In folgenden Ländern war sie zu hören und zu sehen:
Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Holland, Belgien, Luxemburg, Bundesrepublik, Österreich, Schweiz, Italien, Griechenland, Ägypten, Türkei, Südamerika, Japan und Nordamerika.
Es wurden extra Musicals für sie geschrieben, mit denen sie oft monatelang vor ausverkauften Häusern in Wien, München, Hamburg, Berlin, Stockholm und Göteborg gastierte.
Alle Autoren die wie oben erwähnt vorgehen, versuchen daher, die Nachkriegs-Karriere auf ein Minimum zu beschränken. Wäre sie nur ein von den Nazis aufgebautes Kunstgebilde gewesen, ihre Magie hätte nach 45 nicht mehr funktioniert. Sie war aber vor und nach ihrer Ufa-Karriere ein autonomer Star. Ihre Nachkriegskarriere kann daher mit einem einzigen Satz beschrieben werden:
Sie fand auch noch nach 1945 ein Millionen-Publikum in diversen Ländern dieser Welt.
Auch zu den immer wieder auftauchenden Gerüchten, sie sei Spionin mal für diese, mal für jene Seite gewesen, lohnt es sich ein paar Worte zu verlieren. Wie erwähnt, konnte sie während ihren Ufa-Jahren als Schwedin ungehindert Europa durchreisen.
Sie war folge dessen eine Informationsträgerin, und hat sich in den Kreisen in denen sie verkehrte, eben gerade nicht als glühende Anhängerin von Hitler geäußert. 1942 gab sie in Stockholm einem englischen Journalisten ein Interview, von dem sie sich allerdings nach erscheinen distanzierte, um sich selbst nicht zu gefährden.
Goebbels wollte sie durch die Deutsche Staatsangehörigkeit ans Reich binden, da er ihr ungehindertes Reisen mit Misstrauen beobachtete. In diesen Jahren wurde sie sowohl vom deutschen, schwedischen wie auch vom amerikanischen Geheimdienst überwacht. Dossiers aus der damaligen Zeit tauchen daher immer wieder mal auf, und sorgen für Schlagzeilen. Dadurch kann sie sicher nicht zu einer erklärten Gegnerin der Nazis stilisiert werden, aber eben auch nicht zu einer Sympathisantin. Diese Fülle an Informationen haben sie ganz einfach überfordert, daher haben sie den einfacheren Weg beschritten, den pädagogisch-wissenschaftlichen.
Bei meinem zweiten Zusammentreffen mit der Leander im Dezember 1956 in Berlin, hat mich, den damals 20jährigen, die Künstlerin mit einer Widmung in schwedischer Sprache überrascht. Sie bedankte sich bei mir für meine Verehrung und Treue. Sie mag vielleicht gespürt haben, da steht nicht einer der heute von diesem, morgen von jenem Star ein Autogramm erbittet und vertraute mir, indem sie mich manchmal sogar um Rat fragte, in bezug auf andere Menschen.
Dieses Vertrauen beflügelt mich noch heute, und Tilman Krause hat 1997 im Berliner -Tagesspiegel mein Engagement mit folgender Feststellung beschrieben: „Er ist ihr Statthalter auf Erden“.
Kommentare zu seinen Büchern
Ab 1982 veröffentlichte er fünf Bücher über den UFA-Star Zarah Leander. Es folgen Auszüge aus Rezensionen.
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Brigitte Mira stand mehrmals mit Zarah Leander auf der Bühne. |
- Die Bücher von Paul Seiler erschienen auch im Ausland - |
- Die Bücher die Paul Seiler im Laufe der Jahre herausgegeben hat - |
- Juni 2000: Nun hat endlich auch |
Ca. 250 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, in 10 Ländern, haben in 500 Artikeln über seine Bücher, das Archiv und Dokumentationen berichtet. Hier eine kleine Auswahl:
Bettina Fischer, Potsdamer Neueste Nachrichten vom 12.09.2001:
Auch Brille und Bürste der Diva
Privates von Zarah Leander fürs Filmmuseum
Das Filmmuseum wurde gestern um einige ehemalige Utensilien Zarah Leanders bereichert: Dazu zählen ein Spiegel, eine Bürste - beide Gegenstände lagen bei der UFA immer auf ihrem Schminktisch -, eine Brille, die sie zehn Jahre lang getragen hat, Fotografien, eine Tasche, ein Schminkkoffer. Paul Seiler, ihr Biograf, ist nach Schweden zu der ehemaligen Sekretärin Zarah Leanders gefahren, um all diese Dinge bei ihr abzuholen und nun der Leiterin des Filmmuseums, Bärbel Dalichow, zu überreichen. Sie werden ein Teil der geplanten Dauerausstellung des Filmmuseums sein, die im Jahr 2003 eröffnet werden soll; bis dahin werden die Devotionalien wohl verwahrt.
Während Paul Seiler die Schätze auf einem mit einer blauen Decke geschmückten Tisch im Foyer des Filmmuseums ausbreitet, erzählt er den Journalisten von seiner Bewunderung für Zarah Leander und wie es geschehen konnte, dass einige ihrer privaten Gegenstände nun nach Potsdam gekommen sind. "Im Alter von sieben Jahren habe ich zum ersten Mal ihre Stimme im Radio gehört", sagt der heute 65-jährige. Bereits damals prägte sich ihm ihre Stimme ein. Als er sie im Alter von etwa 19 Jahren in Luzern auf der Bühne hörte, ging er anschließend in ihr Hotel und überreichte ihr einen Fliederstrauß. Bei späteren Konzerten war sogar sie es, die ihn wiedererkannte und die sich bei ihm für seine Verehrung und Liebe bedankte. "Vielleicht hat sie gespürt, dass ich ihr Biograf sein würde", so Paul Seiler, der inzwischen fünf Bücher über die Künstlerin geschrieben hat. Als der Schweizer 1958 nach Berlin ging, um Schauspielunterricht zu nehmen, durfte er Zarah Leander zu ihren Schallplattenaufnahmen begleiten. "Ich brachte meinen Kocher mit und kochte für sie im Flur Kaffee. Während sie ihn in den Pausen trank, haben wir uns unterhalten."
Mit der Zeit sammelte er viele Dinge, die mit Zarah Leander zu tun hatten, wie zum Beispiel Titelbilder aus mehreren Ländern. "Ich hatte ein richtiges Museum in meiner Wohnung, und aus der ganzen Welt kamen andere Anhänger der Künstlerin zu mir, und wir tauschten unsere Schätze." Inzwischen allerdings hat Paul Seiler seine Sammlung dem Filmmuseum überlassen. Doch die Verehrer Zarah Leanders kennen sich untereinander. So lernte er in den 50er Jahren auch Brigitte Petterson kennen, die ebenfalls eine Verehrerin der Sängerin und später ihre Sekretärin und Begleiterin bis zu deren Tode am 23. Juni 1981 war.
Gemeinsam hatten Brigitte Petterson und Paul Seiler ein Erlebnis, das für beide einen Höhepunkt darstellte: "Einen Abend wollten wir uns mit Zarah in Berlin treffen. Doch als es wegen Schwierigkeiten bei den Plattenaufnahmen spät wurde, rief Zarah an und fragte, ob wir das Treffen nicht verschieben könnten. Doch da Brigitte nur zu Besuch in Berlin war und am nächsten Tag wieder fort musste, lud sie uns spontan zu sich in ihr Hotelzimmer ein. Dort empfing sie uns im Negligé und bewirtete uns mit Wein und Keksen."
Brigitte Petterson lebt heute in Schweden, und auch sie verfügt über einige Sachen, die Zarah Leander gehörten. Nun hat sie sich von dem Spiegel, der Bürste, der Brille, den Fotografien, der Tasche und dem Schminkkoffer getrennt. Paul Seiler ist nach Schweden gefahren, um all das abzuholen; als er das Filmmuseum betritt, ist seine Reise beendet.
Marion Müller, Die Welt vom 17.03.1999:
Zarah Leander lebt in seinem Kopf
Paul Seilers Sammlung wird im Filmmuseum Potsdam ausgestellt
Für Paul Seiler ist es in diesen Tagen nicht leicht, eine ruhige Minute zu finden. Fernsehteams, Zeitungsjournalisten, gute, längst vergessene Freunde nehmen den 63-jährigen Schweizer in Beschlag. Kaum bleibt noch Zeit für Kater Janosch, der maunzend durch Seilers Schöneberger Wohnung streicht, während dieser seine verbliebenen Fotos der jungen Zarah Leander vor dem Besucher ausbreitet.
In jahrelanger Kleinarbeit hatte Seiler das weltweit größte Leander-Archiv erstellt. Doch die meisten der unzählbaren Titelbilder, Zeitungsausschnitte, Programmhefte und Fotos der Diva hat er nun an das Filmmuseum Potsdam verkauft. Am Donnerstag wird dort die Ausstellung Das Zarah-Leander-Zimmer eröffnet.
Zehn Jahre hatte er seine Schätze in einem eigens eingerichteten Zarah-Zimmer gehütet. "Jetzt ist das ein Gästezimmer. Ich möchte mich mehr um meine Freunde kümmern. Zarah hat mich viel Zeit gekostet." Die Wände des schmalen Zimmers sind kahl, die Regale leergeräumt, dafür wartet ein Bett auf Gäste. Doch einen Verlust empfindet er nicht. "Meine Beziehung zu Zarah ist intuitiv. Das ist alles in meinem Kopf - und ich habe ja noch die Bücher", sagt der Sammler mit leiser Stimme und schließt die Flügeltür von Zarahs früherem Zimmer. Dann läßt er sich auf eine Couch fallen und deutet auf ein gerahmtes Foto an der Wand. Die dreißigjährige Zarah lächelt in entrückter Melancholie. "Das ist, als wenn sie hier wäre."
Trotz seiner Faszination für den UFA-Star suchte Seiler immer auch den distanzierten Blick auf Zarah. Doch erst, nachdem sie 1981 gestorben war, begriff er richtig, dass er inzwischen zum Fachmann geworden war. Seine wissenschaftliche Arbeit wurde eine Odyssee durch die Archive, auf der Suche nach Bildern, Tonmaterial und Berichten von Zeitzeugen. In insgesamt fünf Büchern beschreibt Seiler das Leben der Diva und ihrer Weggefährten. Immer wieder verteidigt er sie gegen den Vorwurf, in Nazi-Deutschland Durchhaltelieder gesungen zu haben und damit zumindest indirekt Hitler unterstützt zu haben. "Für Zarah gab es im Kino keine Nazis. Sie spielte und erzählte einfach von der Liebe und Leidenschaft."
In seinem Buch Ein Mythos lebt (1991) zitiert Seiler Jean Paul: "Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann." Eine Lebensmaxime des Schweizers, der in seiner Jugend als introvertiert galt, selbst Schauspielunterricht nahm, auf der Bühne stand, aber niemals ein Star wurde und bis heute das Eintauchen in die Vergangenheit liebt. Paul Seiler gehört zu den wenigen, die sich in der Nähe der Leander aufhalten durften. Er versorgte ihr Hotelzimmer mit frischen Blumen, legte ein Sammelbuch an, das er ihr bei Premierenfeiern zeigte und kochte im Tonstudio Kaffee. Einmal lud sie ihn sogar zum Essen ein. "Die Leute im Restaurant dachten, ich sei ihr Sohn" erzählt er stolz.
Seilers erste Begegnung mit Zarah ist noch heute lebendige Erinnerung: 1943, ein Sonntag in der Schweiz. Der siebenjährige hört zum ersten Mal die tiefe Stimme der Frau, die ihn sein Leben lang fesseln wird: "Ich weiß, es wirrrd einmal ein Wunderrr geschehn...". Vor Aufregung bekommt er eine Gänsehaut. Heute weiß er, dass "ich schon damals überdurchschnittlich von dieser Stimme berührt war". Doch erst 1954 sieht er Zarah Leander in Ave Maria auf der Leinwand. Diesmal merkt er sich den Namen dieser Frau, hebt Kinokarte und Programm auf. Seine Sammelleidenschaft beginnt.
Warum aber gerade die Leander? "Es gibt eine Menge Parallelen zwischen ihr und mir. Pathos, Liebe und Leidenschaft, das waren die Dinge, die sie so wunderbar zeigen konnte und die ich verstand." Mit Hochachtung vor anderen Idolen sagt er: "Letztendlich hat jeder Verehrer seinen eigenen Star. Und zwar der, der zu ihm paßt."
Dirk Jericho, Tip vom 15.10.1998:
Vom Verehrer zum Experten
Der Schweizer Paul Seiler hat das größte Zarah-Leander-Archiv der Welt - jetzt will er es dem Filmmuseum Potsdam verkaufen
Ein Urnengrab in der schwedischen Gemeinde Häradshammer. Hier ruhen die sterblichen Überreste der großen Filmdiva Zarah Leander. Die Schwedin wurde vor 91 Jahren als Zarah Stina Hedberg geboren. Auf ihrem Gut Lönö hat sie gelebt, in Stockholm ist sie gestorben, vor 17 Jahren. Doch Zarah Leander, höchstbezahlter UFA-Star der Jahre 1937 bis 1943, lebt. Zumindest ihr Mythos - in einem Altberliner Mietshaus in Schöneberg, nicht weit vom Kurfürstendamm entfernt.
Paul Seiler (62) hat sie aufgenommen, in sein Herz, in sein Leben, in seine Wohnung. Er ist ihr Statthalter auf Erden, wahrscheinlich der größte Verehrer dieser Frau. Im dritten Zimmer seines 100-Quadratmeter-Reiches hat Seiler das größte Zarah-Leander-Archiv der Welt. Das Ergebnis einer langjährigen Leidenschaft. An den Wänden hängen 150 Filmposter. Im Regal stehen 40 Ordner, in die Seiler etwa 10.000 Zeitungsartikel, Filmkritiken oder Notenhefte und rund 5000 Fotos akribisch abgeheftet hat. An der Wand hängt eine Widmung: "Paulchen, Bravo! Das hast Du fein gemacht. Vielen Dank. Deine Zarah Leander."
Auf dem alten Schreibtisch liegen Videobänder und Schellack-Platten. In der Mitte steht eine Couch, auf der Zarahs falsches Perlen-Collier liegt. "Mein wertvollstes Stück. Schließlich hat Zarah die Kette 20 Jahre lang bei ihren Auftritten um den Hals gehabt", sagt Seiler. Hier sitzt Zarahs Paulchen am liebsten. Hier fühlt er sich wohl. Hier ist er Zarah ganz nah. Denn hier lebt sein Star.
Am 1. Januar 1954 gerät Paul Seiler durch Zufall in den Zarah-Leander-Kinofilm Ave Maria. Den Namen der Schauspielerin kennt er nicht, aber die Fotos im Schaukasten gefallen ihm sehr. Zarah Leander vergißt er nie wieder. Seine Sammelleidenschaft beginnt. 1955, ein Jahr nach dem Beginn seiner Sucht nach dieser Stimme, erbeutet er nach einer Vorstellung in Luzern sein erstes Autogramm. Am nächsten Tag schickt er Zarah einen großen Frühlingsstrauß ins Hotel, wartet stundenlang in klirrender Kälte, um sie noch einmal zu sehen. Sie kommt und bedankt sich bei ihm mit einem Foto: "Herrn Paul Seiler, herzlichst Zarah Leander." 1956, bei einem Konzert im Berliner Sportpalast, erkennt sie den Schweizer wieder und läßt ihren Verehrer mit in den blauen Salon schlüpfen, zur Autogrammstunde. Er zeigt ihr sein Sammelbuch mit allen Zeitungsausschnitten. Sie schreibt ihm auf schwedisch eine Widmung hinein. Erst viele Jahre später hat Seiler die Zeilen übersetzen lassen. "Sie hat sich für die Liebe und das Vertrauen bedankt. Ich hatte doch noch gar nichts für sie getan", sagt Seiler.
In den Jahren 1955 bis 1964 begegnet er seiner Angebeteten immer wieder. Bei Premierenfeiern oder in ihrem Hotelzimmer. Sie kennen sich. Er ist bei Aufnahmen im Plattenstudio dabei und kocht dort für sie Kaffee. Nach einer Konzertprobe lädt Zarah ihn und seine Begleiterin in ein Restaurant am Ku´damm ein. "Die Bedienung dachte, wir sind die Kinder von Zarah", amüsiert er sich noch heute. Zum 60. Geburtstag von Zarah Leander wollte er ihr sein ganzes Archiv schenken. "Doch Zarah war nicht interessiert." Paul Seiler war enttäuscht. Er hörte auf zu sammeln. Zarah war zu Ende. Er bestellte die Ausschnittdienste ab. Er konnte am Schaufenster, in dem zwei neue Zarah-Singles lagen, vorbeigehen. "Ich war wie von einem Zwang befreit", erinnert er sich.
1973 gibt die Diva ihr Abschiedskonzert. Paul geht wieder hin. Es wird ein langer Abschied. Wie das bei Stars so ist. Fünf Jahre später sieht er sie dann wirklich zum letzten Mal. Im Theater des Westens, bei Zarahs letztem Berlin-Auftritt. 1981 stirbt die Filmdiva im Krankenhaus in Stockholm. Paul Seiler begreift, dass er der Fachmann ist und schreibt 1982 sein erstes Buch Wollt ihr einen Star sehen?. Vier sind es bis heute geworden. Außerdem ist Seiler Autor der Bild- und Textdokumentation, die der kürzlich erschienenen CD-Edition Zarah Leander - Kann denn Liebe Sünde sein beiliegt. 1984 dreht der amerikanische Filmproduzent Christian Blackwood das Filmessay Mein Leben für Zarah Leander mit Paul Seiler. Noch wohnt der Mythos der großen Schauspielerin in Seilers Wohnung. Aber bald wird er umziehen, nach Potsdam. Seiler wird voraussichtlich im März `99 sein Archiv ans dortige Filmmuseum übergeben. "In Potsdam-Babelsberg drehte die Leander ihre wichtigsten Filme, hier ist mein Archiv gut aufgehoben", glaubt Seiler. Erst vor kurzem hat das Filmmuseum von Heinz Sauer, einem anderen Zarah-Fan, die vollständige Musiksammlung der Diva gekauft. Museumschefin Bärbel Dalichow (44) freut sich schon: "Wir haben dann das größte Zarah-Leander-Archiv der Welt.
Sonja Boerdner, Die Welt vom 17.03.1997:
Seiler zeichnet die Karriere der Leander nach und möchte häufig verfälschte Angaben richtigstellen. "Zarah wurde nicht von Goebbels zum Star aufgebaut, sondern von ihrem Publikum", verteidigt er sein Idol. Dazu zitiert er aus den Tagebüchern des Reichspropagandaministers von 1937: "Ich halte die Frau für sehr überschätzt." Dabei nähert sich Seiler der Schwedin, die in den UFA-Studios des Dritten Reichs filmte, durchaus nicht unkritisch. Seine Position ist jedoch deutlich: "Warum soll man ihr vorwerfen, dass sie populär war?" Er präsentiert bisher nicht veröffentlichtes Schrift-Material der Reichsfilmkammer und zeigt, wie ihre Lieder und Filme, die bis zum Ende des Krieges liefen, vom Reich instrumentalisiert wurden...
Tilman Krause, Der Tagesspiegel vom 09.03.1997:
Wieder nähert sich nun Zarahs Geburtstag, am 15. März liegt er neunzig Jahre zurück. Für den nimmermüden Paul Seiler ein gegebener Anlaß, seine Leander-Hagiographie um eine dritte Fortsetzung zu bereichern, bei der dieser inconditionnel du chant leanderien in einer Doppelrolle zu erleben ist, die er hervorragend ausfüllt. Als Statthalter der Diva auf Erden sichert er weiter die Spuren ihres Waltens, als Historiker untersucht er ihre Rolle im NS-Staat. Sein Buch: Zarah Leander - Ich bin eine Stimme (Ullstein Verlag Berlin 1997. 239 Seiten. Viele Fotos. 18,90 DM), dem unsere Abbildung entnommen ist, enthüllt das oppositionelle Potential einer Unpolitischen.
Kölner Stadt-Anzeiger vom 03./04.12.1994:
...ist ein prachtvolles Zarah-Leander-Bilderbuch, und, verbunden mit vielen darin faksimilierten Zeitungsberichten, ein lehrreiches Zeitdokument. Auch die Problematik ihrer Rolle im Nazi-Reich wird nicht ausgespart. Zarah Leander - der Mensch, die so unglaublich effektvolle Filmfigur, die Sängerin: ein hochinteressantes Phänomen des zweiten Jahrhundertdrittels - wird in lebendige Erinnerung gehoben.
Martin Risel, Berliner Morgenpost vom 22.04.1994:
Zeitungsausschnitte quer durch den deutschen und internationalen Blätterwald lassen Erinnerungen vorbeirauschen, Begeisterung und Kritik an dem unsterblichen Mythos wieder aufleben. Warum Zarah Leander während des Nationalsozialismus berühmt wurde, warum sie ein Idol der Homosexuellen wurde, warum für sie kaum ein Wunder geschah, warum Liebe keine Sünde sein kann - Paul Seilers Buch gibt mehr Antworten als Fragen möglich sind.
Barbara Jacob, Die Märkische vom 25.07.1991:
Doch Paul Seilers Blick auf Zarah Leanders Leben ist nicht ein durch die rosarote Brille gefärbter. Seine Sammelleidenschaft verleitete ihn nicht zu Einseitigkeiten. Er betreibt seine Recherchen sehr gewissenhaft, spart Negatives nicht aus, ist bemüht, Zarah in ihrer Zeit und ihre Zeit durch sie besser zu verstehen und verständlich zu machen.
Prinz, Berlin vom Juli 1991:
Die Diva, die die Welt bewegte, ihr Schicksal und ihr Schaffen sind von Paul Seiler, ihrem größten Fan, bravourös dokumentiert worden. Zum Wohlgefallen der Film-Götter hat Seiler aus seinen Materialschätzen auch einen üppig bebilderten Katalog erstellt - der später im Buchhandel zu haben sein wird.
Stern Nr. 30 vom 10.07.1991:
Zum zehnten Todestag am 23. Juni hat Seiler jetzt in einer Bildbiographie eine Vielzahl von Dokumenten und Fotos aus jener Zeit zu Leben und Werk seiner großen Liebe präsentiert. Nicht, dass Seiler übersehen hätte, wie bedenklich Zarah Leanders Verhalten im Dritten Reich gewesen ist, und er verschweigt auch nicht, wie problematisch seine Liebe zu ihr ist: Als Ersatzdroge für nicht ausgelebte Gefühle hat er sie einmal bezeichnet.
Düsseldorfer Nachrichten vom 10.12.1985:
Sie war eine Kaiserin im Showgeschäft. Vielleicht fiel ihrem Biographen Paul Seiler deswegen der assoziationsreiche Titel Zarah Diva für sein nun schon zweites Werk über den Star Zarah Leander ein. Ein Verdienst Paul Seilers ist es, dass er sich bei all seiner immer wieder durchscheinenden Bewunderung für die Diva kritisch mit deren Verhältnis zum Dritten Reich und seinen Machthabern auseinandersetzt und das von ihr dargestellte, von den Idealen der Nazis völlig abweichende, dennoch den Systemzielen dienende Frauenbild analysiert.
Hans-Günter Pflaum, Cosmopolitan vom November 1985:
Zarah Diva. Das Porträt eines Stars von Paul Seiler ist für alle Fans Pflicht. In mehr als dreißigjähriger Sammeltätigkeit hat der Autor alles über und von Zarah Leander zusammengetragen, was er finden konnte. Der Star über das Ergebnis: Das Beste und Authentischste über mich, was ich je gesehen habe!" Seiler gelingt es, Einblicke in den Mythos zu geben.
Der Spiegel vom 09.09.1985:
Schier 30 Jahre lang hat der Berliner Schweizer Paul Seiler ihre Reliquien gesammelt: die der Zarah Leander,... Nach einer Biographie über seine Heilige griff der getreue Eckermann nun in seinen Bilder-Fundus. Resultat: Zarah Diva. Das Porträt eines Stars. Neben einer ausführlichen Film- und Diskographie bringt das stilvolle Gedenkbuch auch wenig bekannte Photos der frühen Zarah.
w.b., gay-Journal vom 09.09.1985:
Wir Homos hatten immer und haben noch eine Sucht nach dieser Frau mit dem rauhen Timbre in der Stimme. Der Albino-Verlag, Berlin, hat dieser Sucht entsprochen. Er ist zu beglückwünschen, dass er nach seinen Erfolgen der letzten Zeit nun schon wieder ein Weihebuch herausbringt, Zarah Diva - noch glänzender und schöner diesmal. Und auch dieses großformatige Traumbuch verdanken wir Paul Seiler, Zarahs treuem Minnesänger, dem keuschen, sich in Leidenschaft verzehrenden Anbeter der Hohen Frau. Wie im Mittelalter Sänger den Ruhm unerreichbarer Damen mehrten, indem sie eine Aureole der Weihe um sie schufen, genauso wirkt Seiler noch heute für die Leander.
M.H., Neue Ruhr-Zeitung vom 15.08.1985:
Zarah Diva nennt Paul Seiler mit Wortwitz sein zweites Buch über Zarah Leander, seinen Star, dem er bereits ein rororo-Kultbuch gewidmet hat. Beide Bände, der neue Bildband mit der einzigen vollständigen Diskografie (Aufzeichnung aller Plattenaufnahmen) und das Taschenbuch mit den Bekenntnissen eines Fans ergänzen einander aufs Schönste. Sie sind von einem Mann geschrieben, der als Schweizer ein völlig unverkrampftes Verhältnis zu Zarah Leander hatte, die, als zweite UFA-Göttin neben Marlene Dietrich Nazi-Deutschland viel später verließ als eben diese und sich auch sonst den braunen Machthabern nicht eben offen entgegenstellte.
Letzeburger Journal, Luxemburg vom 26.07.1985:
Ein vornehm gestaltetes Bilder-, aber auch nützliches Handbuch, in dem - trotz des begreiflichen Enthusiasmus des Herausgebers - sogar mit kritischen Tönen nicht zurückgehalten wird, etwa über das Verhältnis der Diva zum Nazi-Regime. Die echten Zarah-Adepten wird es kaum stören, halten sie doch mit diesem Prachtband einen nicht einmal überteuren Juwel in Händen, der auch alle Bibliophile zufriedenstellen müßte.
Schweizer Illustrierte Nr. 14 vom 01.04.1985:
In Texten und mit vielen Fotografien beschwört der Autor Paul Seiler den Mythos der Zarah Leander, macht die Faszination spürbar, die von dieser Frau mit der unsäglich tiefen Stimme ausging: eine mütterliche Vaterfigur.
d.m.t., Die Rheinpfalz vom 24.09.1983:
Geschickt mischt Seiler Selbstzeugnisse der Leander, Pressezitate und seine eigenen Texte zu einem kurzweiligen und amüsant zu lesenden Lebens-Kaleidoskop einer besessenen Künstlerin, die für sich in Anspruch nahm, bis zum bitteren Ende auf der Bühne zu stehen. Sein Archiv war dafür prädestiniert:... Das Buch, ..., unterhält und besticht gleichzeitig durch seine Offenheit.
Wolfgang Wurker, Frankfurter Allgemeine vom 11.08.1983:
Wollt ihr einen Star sehen? fragt Paul Seiler mit seinem Kultbuch über Zarah Leander. Sprachlos sei er gewesen, betäubt und betroffen, als die größte Geliebte des deutschen Films vor zwei Jahren gestorben war. Das Kultbuch, in das Teile seiner umfangreichen Artikel- und Bildersammlung eingeflossen sind, sollte den endgültigen Abschied von ihr bedeuten. Anstelle eines Films über Zarah Leander ist (vorerst?) sozusagen sein aufwendiger Bildband getreten. Hier ist Seiler Regisseur und Hauptdarsteller zugleich, hier spielt er die Rolle seines Lebens: den zurückhaltenden Fan, gleichwohl betörten Verehrer und Sammler, der - meist fern der Angebeteten - von Liedern, Filmen Bildern, Auftritten und nicht zuletzt seinen (Tag-)Träumen zehrte...
Sein Kultbuch liest und betrachtet sich, abgesehen von einer sehr persönlichen Einleitung, eher als Quellensammlung bekannter Leander-Porträts und - Rezensionen. Geschickt bedient er sich der Worte anderer, dem Star postum seine Verehrung auszudrücken...
Paul Seiler hat, wie in den Hollywoodfilmen über Hollywoodstars, gerade auch die natürlichen, altersbedingten Brechungen und Risse der glanzvollen Karriere mit persönlichem Akzent beschrieben. Er hat seinem Star das Altern gerade noch verzeihen können, nicht aber den Tod.
Westdeutsche Allgemeine vom 04.01.1983:
Aus umfangreicher Privatsammlung an Kritiken und Dokumenten, aus persönlicher Begeisterung für die rothaarige Schwedin mit der aufregenden Stimme und zugleich aus der Distanz eines kritischen Fans entstand das Porträt einer durch und durch einzigartigen Frau: "Wir waren süchtig nach Zarah", gesteht Seiler, seine erste Kino-Begegnung mit ihr erinnernd, "nach ihrem pathetischen Stil, ihren überlebensgroßen Gefühlsausbrüchen, Walkürenauftritten, ihrer dunklen, fast männlichen Stimme. Für viele war sie Vater und Mutter zugleich, sie war auch eine Ersatzdroge für nicht ausgelebte Gefühle."
g.t., Hannoversche Allgemeine vom 22.12.1982:
...eines der lesenswertesten deutschen Starbücher der letzten Jahre, das dem überlebensgroßen Bild dieser Frau zweifellos angemessen ist.
Bernd Lubowsky, Hamburger Abendblatt vom 15.12.1982:
Seilers Kultbuch besticht durch seine Glaubwürdigkeit. Da hat sich niemand daran gemacht, sich an der Biographie der Leander entlangzuschreiben, etwa ihr Verhältnis zu den braunen UFA-Gewaltigen während der Nazi-Jahre zu entschlüsseln, ihre überlebensgroße Persönlichkeitsausstrahlung zu erfassen oder gar ihre Lieder zu analysieren, sondern da ist ein sehr subjektives, sehr ehrliches Buch von einem entstanden, der sich zu seinem Star und seiner Verehrung bekennt. Anhand von Zitaten aus Kritiken und Interviews, versehen mit privaten Schnappschüssen und Arbeitsfotos aus ihrer Karriere, hat Seiler seine Zuwendung zu Zarah Leander dokumentiert und ihr ein sehr intimes Denkmal gesetzt, wie es kaum ein professioneller Autor zustande gebracht hätte...
Es ist ein Buch, aus dem das Verhältnis eines Stars zu seinem Fan (oder zu seinen Fans ganz generell) sehr deutlich wird. Dieser Punkt ist es, der das Interesse weckt und den Leser berührt - egal, wie er persönlich zu Zarah Leander stehen mag. Ein Kultbuch eben - aber eines, dem man sich nicht verschließen kann...
Karsten Witte, Frankfurter Rundschau vom 27.11.1982:
Nun ist, von Paul Seiler in drei Jahrzehnten zusammengeklebt und geschnitten, ein Zeugnis zu Zarah Leander erschienen, das Kenner und Liebhaber, das Fans und Historiker gleichermaßen angeht. Eine verschwenderische Bilderfolge, die nicht auf die Porträts spuckt, die in ihrer Geschichtlichkeit schon befleckt sind. Dieses Buch, das sich mit leicht lackiertem Stolz ein Kult-Buch nennt, montiert aus intimer Nähe im Textteil die nötigen Fakten und im Bilderteil die barocken Ausschweifungen dieser Karriere (Zarah Leander - wollt ihr einen Star sehen?). Paul Seiler kennt sich aus und konfrontiert die seligen Erinnerungen mit den Bunkern, in denen sie erlitten wurden. Nicht nur in Hollywood war Babylon, wie der Filmhistoriker und Avantgardefilmer Kenneth Anger denken ließ. Babelsberg, die Produktionsstätte der UFA & Leanderfilme, heißt Babylon. Und Zarahs Stimme, die noch lang in deutschen Ohren liegen wird, hält die Agonien wach.
Der Schweizer ist der größte Fan der schwedischen Diva. Er hat Biografien über sie geschrieben, seine erste komplette Zarah-Leander-Sammlung dem Filmmuseum in Potsdam überlassen.